Lars Klingbeil zur Erneuerung der SPD: „Ich werde jeden Stein umdrehen“
Foto: Dirk Bleicker
„Das ist ein junger Mann, der mit beiden Beinen fest im Leben steht“, sagt SPD-Chef Martin Schulz am Montag im Willy-Brandt-Haus und zeigt auf Lars Klingbeil. „Genauso stelle ich mir die SPD vor.“ Geht es nach Schulz und dem Präsidium seiner Partei, dann wird Klingbeil beim Bundesparteitag im Dezember zum neuen Generalsekretär der Sozialdemokraten gewählt werden.
Klingbeil: „Ich werde zuhören“
Die zentrale Botschaft des designierten Generalsekretärs: „Ich trete für eine Erneuerung der SPD ein.“ Wie er die Partei genau umstrukturieren werde, sagt er allerdings noch nicht. Er habe keinen „20-Punkte-Plan“ vorbereitet, gesteht Klingbeil ein. „Ich bin jetzt erst einmal der Vorschlag des Präsidiums.“ Bis zum Parteitag im Dezember wolle er zunächst einmal durchs Land reisen, Gespräche mit den Mitgliedern und Funktionären auf allen Ebenen der SPD führen – und für eine Neuaufstellung der Partei werben. „Vor allem aber werde ich eins tun“, verspricht Klingbeil. „Ich werde zuhören.“
Er zeigt sich überzeugt, „dass sich die SPD neu aufstellen muss – organisatorisch, inhaltlich, aber auch personell.“ Doch die Erneuerung dürfe auf keinen Fall von oben verordnet werden. Stattdessen wünscht sich Klingbeil in der SPD „Lust auf Erneuerung“ – und mehr Vorschläge zur Modernisierung der Sozialdemokratie, wie etwa die Kampagne „SPD++“. Auch müsse analysiert werden, warum die Sozialdemokratie in den vergangenen Jahren zwar wichtige Themen angesprochen habe, ohne jedoch Wählerstimmen dazugewinnen zu können. Martin Schulz will hier vor allem die Meinung der SPD-Mitglieder hören, zum Beispiel auf verschiedenen „Dialogveranstaltungen“, die für die kommenden Wochen im ganzen Land geplant sind.
Lars Klingbeil erklärt die Einbindung der rund 30.000 Neuzugänge in den Reihen der Sozialdemokraten zu einer seiner Hauptaufgaben als zukünftiger Generalsekretär. Die SPD dürfe sich jedoch nicht auf die Neuen oder die Jungen in der Partei beschränken, keine „Partei des Entweder-oder“ sein, fordert er. Sowohl die Neumitglieder als auch altgediente Genossen müssten zukünftig mehr Möglichkeiten zur Teilhabe in der SPD bekommen.
Schulz: Klingbeil steht für den Generationswechsel in der SPD
Viel wurde über Lars Klingbeil geschrieben in den vergangenen Tagen: ein Mann so groß wie eine Schrankwand, aus dem einflussreichen SPD-Landesverband Niedersachsen, mit 39 Jahren weit unter dem Altersdurchschnitt der Sozialdemokraten, Verteidigungs- und vor allem: Digitalpolitiker. „Das stimmt alles,“ sagt Klingbeil mit einem ironischen Lächeln zu den versammelten Journalisten. „Können sie gerne alles übernehmen.“
Dass Martin Schulz ausgerechnet einen Politiker als Generalsekretär vorschlägt, der sich in den vergangenen Jahren speziell um Fragen der Digitalisierung gekümmert hat, scheint kein Zufall zu sein. Nach der verlorenen Bundestagswahl brauche die SPD einen Generationenwechsel, unterstreicht Schulz. Dazu zählten auch neue Themen. Mit Klingbeil soll dazu der Anfang gemacht werden. „Ich werde als Generalsekretär die SPD für das digitale Zeitalter aufstellen“, verspricht der. „Ich habe große Lust auf die Aufgaben, die vor mir liegen.“ Bezogen auf die Parteistrukturen sagt er: „Ich werde jeden Stein umdrehen“
Sofern der Bundesparteitag im Dezember zustimmt, wird Lars Klingbeil den Posten des Generalsekretärs in wenigen Wochen übernehmen – von Hubertus Heil, der einen „fließenden Übergang“ plane, so Klingbeil. SPD-Bundesgeschäftsführerin Juliane Seifert wird noch in dieser Woche ihren Posten räumen. Beiden sprechen sowohl Schulz als auch Klingbeil ihren Dank aus.
Neuaufstellung der Parteizentrale
Nun liegt es an Lars Klingbeil, das Willy-Brandt-Haus für die kommenden Jahre aufzustellen: organisatorisch, inhaltlich, personell und kommunikativ. Dabei will er nicht nur eng mit Parteichef Martin Schulz zusammenarbeiten, sondern die ganze SPD einbinden. „Das, was gut war, das bleibt“, sagt er. „Was schlecht war, werden wir gemeinsam erneuern.“
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.