Parteileben

Laizismus wäre das Ende

von Tibor Oestereich · 14. März 2013

Die Gründung der SPD in der ehemaligen DDR wurde wesentlich von Christen möglich gemacht. Im Interview mit vorwärts.de verrät der Vizepräsident des Bundestages Wolfgang Thierse, wieso Religionsfreiheit gebraucht wird und was seine Erwartungen an den neuen Papst Franziskus sind.

Herr Thierse, was bedeutet Ihr Glaube für Sie?

Der christliche Glaube ist das tragende Fundament meines Lebens, das mich auch vor den Gefährdungen sowohl des politischen Fanatismus wie des politischen Zynismus schützt.

Die Gründung der SPD in der ehemaligen DDR wurde maßgeblich von Christen getragen, wie sähe die SPD ohne Kirche aus?

Es ist eine schöne Pointe der Geschichte, dass es nicht zuletzt Christen waren, die durch die SPD-Gründung auch wesentlich zum Ende des SED-Regimes beitrugen. Das sollte die Partei nicht vergessen. Aus der Partei eine antikirchliche, laizistische Partei machen zu wollen, also zurück hinter Godesberg und ins 19. Jahrhundert, das wäre das Ende der SPD als Volkspartei!

In vielen Ländern sind Kirche und Staat eng verbunden. In Deutschland ist dieser Einfluss vergleichsweise gering. Brauchen wir mehr Religion in der Politik?

Nein, wir brauchen nicht mehr Religion in der Politik, sondern Religions- und Weltanschauungsfreiheit im vollen Sinne. Und Politik, gerade auch der Sozialdemokraten, sollte sich immer neu der nichtpolitischen, also ethisch und philosophisch-religiös begründeten Voraussetzungen von werteorientierter Politik versichern: Gemeinsamkeit in den Vorstellungen und Überzeugungen von Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Menschenwürde, Toleranz müssen immer wieder neu inhaltlich begründet, verlebendigt, vorgelebt und weitergegeben werden!

Das Konklave in Rom hat gestern einen neuen Papst gewählt. Welche Erwartungen haben Sie an den neuen Papst?

Weniger römischen Zentralismus, mehr Kollegialität in der Führung der Kirche, mehr Offenheit für Vielfalt und überzeugende Stellungnahmen für Gerechtigkeit und Frieden.

Vielen Dank für das Interview.

Wolfgang Thierse ist Sprecher des „Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD“.

Autor*in
Tibor Oestereich

studiert Politikwissenschaft und Öffentliches Recht in Greifswald.

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