Parteileben

Korruption: „Die SPD muss zeigen, dass es eine andere Art von Politik gibt.“

Im Frühjahr schlug die Lobbyismus-Affäre um den CDU-Abgeordneten Philipp Amthor hohe Wellen. Bei der Bundestagswahl tritt SPD-Mann Erik von Malottki gegen Amthor an. Er will Korruption zum Thema im Wahlkampf machen und wirbt für eine Selbstverpflichtung für Abgeordnete.
von Kai Doering · 9. Dezember 2020
Wer bezahlt wen? Als Konsequenz aus der Masken-Affäre bei CDU und CSU fordert die SPD Verschärfungen im Kampf gegen Bestechung und Einflussnahme auf Abgeordnete.
Wer bezahlt wen? Als Konsequenz aus der Masken-Affäre bei CDU und CSU fordert die SPD Verschärfungen im Kampf gegen Bestechung und Einflussnahme auf Abgeordnete.

Der 9. Dezember ist seit 2003 weltweiter Anti-Korruptionstag. Wie groß ist das Problem in Deutschland?

Geht man nach den gängigen Korruptionsindexen, steht Deutschland gut da. Wir haben eher ein Problem mit weicher Korruption, die stark mit negativem Lobbyismus zusammenhängt. Leider sind unsere Gesetze in diesem Bereich sehr schwach.

Die große Koalition hat sich auf Druck der SPD bereits im Sommer auf die Einführung eines Lobby-Registers geeinigt. Damit geht es aber nicht voran. Woran hakt es?

Die CDU will nicht, dass der sogenannte legislative Fußabdruck Teil des Lobbyregisters wird, dass also allen Gesetzentwürfen eine Liste der Interessenvertreter*innen und Sachverständigen angefügt wird, die bei deren Erarbeitung mitgewirkt haben. Das ist aus meiner Sicht aber zwingend notwendig. Die CDU muss sich bewegen und wir als SPD müssen in dem Punkt hart bleiben. Das Lobby-Register muss so eingeführt werden wie es von der Zivilgesellschaft, etwa von „Lobby-Control“, gefordert wird.

Auslöser, dass überhaupt Bewegung in das Lobbyregister gekommen ist, war das fragwürdige Verhalten des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor. Sie wollen ihn im kommenden Jahr bei der Bundestagswahl herausfordern. Welche Rolle hat die Fragen des Lobbyismus für Ihre Entscheidung zu kandidieren gespielt?

Das Verhalten von Philipp Amthor hat mich wie viele andere auch empört. Als sich gezeigt hat, dass er trotzdem einfach weitermachen kann wie bisher und erneut für die CDU für den Bundestag kandidiert, war das für mich der Auslöser, selbst anzutreten. Ich sehe mich da auch im Dienst der Demokratie. Philipp Amthor kenne ich ja schon recht lange. Wir sitzen zusammen im Kreistag für Vorpommern-Greifswald. Auf dem Höhepunkt der Berater-Affäre ist er extra für einen Tagesordnungspunkt aus Berlin gekommen, um gemeinsam mit AfD und NPD gegen meinen Antrag für einen besseren Personalschlüssel für die Kindertagesstätten im Landkreis zu stimmen. Das hat mir gezeigt, dass sein moralischer Kompass nicht stimmt und das Fass für mich endgültig zum Überlaufen gebracht.

Wie ist Ihre Kandidatur vor Ort aufgenommen worden?

Mein Eindruck ist, dass hier viele meine Auffassung teilen, dass sich etwas ändern muss und dass Philipp Amthor deutlich mehr Aufklärung leisten muss als bisher. Das Vertrauen der Menschen in ihn, aber auch die Politik insgesamt, ist erschüttert. Deshalb müssen wir als SPD zeigen, dass es eine andere Art von demokratischer Politik gibt, der es nicht um Aktienoptionen und persönliche Vorteile geht. Philipp Amthor denkt, dass er die Affäre einfach aussitzen kann. Das werden wir ihm aber nicht durchgehen lassen, sondern ihn weiter mit dieser Frage konfrontieren.

Lässt sich mit einem Anti-Korruptionswahlkampf eine Wahl gewinnen?

Nicht, wenn es das einzige Thema ist. Ich will diese Frage kombinieren mit den Themen, die den Menschen in ihrem täglichen Leben wichtig sind. Das sind vernünftige Löhne, gute Bildung und eine gut ausgebaute Infrastruktur, etwa gute Bahnverbindungen. Das Thema Lobbyismus ist letztlich ein Ausdruck davon, wie man Politik versteht: Mache ich sie vor allem für mich oder, um das Leben der Menschen zu verbessern. Am Ende geht es um Glaubwürdigkeit. Ich will eine andere Art von Politik vorantreiben, die nicht davon abhängig ist, wie gut meine Verbindungen in die Wirtschaft sind. Ich werde deshalb zu Beginn des Wahlkampfs eine Selbstverpflichtung unterschreiben, dass ich keine bezahlten Nebentätigkeiten ausüben werde. Es wäre toll, wenn möglichst viele andere Kandidat*innen mitziehen. Um im Wahlkampf mithalten zu können und gleichzeitig unabhängig von Großspenden zu sein, werbe ich zudem dafür, dass mich Privatpersonen mit Kleinstspenden unterstützen können, nach dem Vorbild von Bernie Sanders in den USA.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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