Koalitionsvertrag: Das will die Basis von der SPD-Spitze wissen
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Nach der ersten Konferenz am Montag hatte die SPD am Mittwoch die zweite und letzte Runde ihrer digitalen Konferenzen über den Koalitionsvertrag der Ampelparteien angesetzt. Jeder Genosse und jede Genossin hatte Gelegenheit, Fragen zum Vertrag zu stellen, aber auch Lob und Kritik zu äußern.
Am Mittwochabend geht es knapp zwei Stunden quer durch alle Themen: von A wie Außenpolitik bis Z wie Zukunftstechnologie. Dabei wird deutlich, wie zufrieden die SPD-Spitze mit dem Koalitionsvertrag ist. So sehr, dass man hofft, die gemeinsame Politik mit Grünen und FDP auch über die nächsten vier Jahre hinaus fortsetzen zu können.
Norbert Walter-Borjans: Investitonen sind finanziert
Zunächst stehen die beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gemeinsam im Studio. Die Genossin Vanessa Ko möchte wissen, wie die Partei den Klimawandel stoppen und wie sie dies finanzieren will. Dazu sei „extrem viel drin in diesem Vertrag“, antwortet Norbert Walter-Borjans. Man wolle „an zwei Punkten gleichzeitig arbeiten“: dem Umbau von Wirtschaft und Verkehr im Inland und der Schaffung klimafreundlicher Zukunftstechnologien für den Export ins Ausland. Beides schaffe neue Jobs in Deutschland.
Aber, räumt der SPD-Chef ein, „das wird alles richtig viel Geld kosten“. Doch die Schuldenbremse biete hier „mehr Möglichkeiten, als bisher genutzt worden sind“. Darüber hinaus wolle man die Förderbanken besser nutzen und Schluss machen mit Geldwäsche, Steuerbetrug und „aggressiver Steuergestaltung“, um die Einnahmen des Staates zu verbessern.
Saskia Esken: Soziale Gerechtigkeit sehr wichtig
Irene Aßmuth fragt nach den Themen Gemeinwohl und soziale Gerechtigkeit. Für die SPD seien diese Themen sehr wichtig, antwortet Saskia Esken. Sozial Benachteiligte würden „am besten“ gestärkt über Löhne und Gehälter. Der Mindestlohn von zwölf Euro „für fast 25 Prozent der Beschäftigten“ sei dabei enorm wichtig, er werde sich auf das gesamte Lohngefüge auswirken.
Durch ein „Bundestariftreuegesetz“ werde man die Tarifbindung stärken und die Beschäftigten so besser schützen. Das neue Bürgergeld werde Erwerbslose stärken, ihre Vermittlung in „gute Arbeit“ werde verbessert, ebenso ihre Weiterbildungsmöglichkeiten. Schließlich wolle man „Kinder aus der Armut herausholen“ durch das neue Kindergeld und die Stärkung ihrer Bildungschancen.
Lars Klingbeil: Bestmöglicher Schutz für Bundeswehr
Nach den beiden Parteivorsitzenden gibt es einen Wechsel im Studio. „Speeddating“ nennt die Moderatorin das. Lars Klingbeil, der Generalsekretär und designierte neue Co-Parteichef, beantwortet nun die Fragen, auch zur Außen- und Verteidigungspolitik. So möchte Susanne Röter von ihm wissen, warum die SPD bewaffnete Drohnen für Auslandeinsätze der Bundeswehr ermögliche. Das sei „eine wichtige Frage“, so Klingbeil, die die Partei ausführlich debattiert habe, auch „stellvertretend als SPD für die Gesellschaft“.
Eine Kommission unter Vorsitz der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin habe der SPD empfohlen, „dass sie der Beschaffung von wenigen bewaffneten Drohnen zustimmt", die unter strengsten Regeln und völkerrechtskonform bei Auslandseinsätzen zum Schutz deutscher Soldat*innen eingesetzt werden könnten. Klingbeil betont: Die Bundeswehr brauche bei ihren schwierigen und gefährlichen Auslandseinsätzen „die bestmögliche Ausstattung und den bestmöglichen Schutz“. Genau das könne man „mit Drohnen ein Stück weit sicherstellen“.
Olaf Scholz: Allgemeine Impfpflicht kommt
Zum Schluss betritt Olaf Scholz das Studio. Schon jetzt richten sich die Fragen an den künftigen Bundeskanzler. Zahlreiche Genoss*innen im Chat möchten von ihm wissen: Was wird mit der allgemeinen Corona-Impfpflicht? „Wir müssen jetzt alles dafür tun, dass sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger impfen lassen.“ Die „Ursache“ für die „gegenwärtige schwierige Lage“ der Pandemie in Deutschland sei, dass die Impfquote „nicht hoch genug“ sei. „Darum ist es zum Wohle von uns allen – und übrigens auch zum Wohle derjenigen, die sich dann impfen lassen – wichtig, dass wir sagen: Ab einem bestimmten Zeitpunkt müssen alle geimpft sein.“ Darüber werde der Bundestag zu entscheiden haben, „jeder Abgeordnete nach seinem Gewissen“. Olaf Scholz macht klar: „Ich werde dafür stimmen.“ Eine Impfpflicht ab Anfang Februar oder Anfang März „ist gerecht für uns alle, gut für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger und notwendig zum Schutz unglaublich vieler Menschen in diesem Land“.
Nach knapp zwei Stunden ist die digitale Befragung beendet. Angesichts der hier herrschenden guten Stimmung und des harmonischen Dialogs zwischen Parteibasis und -führung, spricht einiges dafür, dass der Parteitag dem Koalitionsvertrag mit großer Mehrheit zustimmen wird. Ob es tatsächlich so kommt, wird der kommende Samstag zeigen.