Klingbeil und Kühnert: Auf jeden Fall gemeinsam weitermachen in der SPD
Dirk Bleicker
Der SPD-Landesverband hatte geladen und als prominente Diskutanten SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und Juso-Chef Kevin Kühnert gewonnen. Der Gastgeber und Vorsitzende der Brandenburger SPD Dietmar Woidke hob zu Beginn der Veranstaltung das Gemeinsame hervor: „Alle sind da, damit die SPD eine starke Partei ist und eine starke Partei bleibt.“ In der Tat waren sich darin alle rund 300 Genossinnen und Genossen einig. Meinungsverschiedenheiten gab es bei der engagierten aber sachlichen Diskussion über den Weg dahin, und ob die Erneuerung der Partei bei einer Regierungsbeteiligung möglich sei. „Wir allein entscheiden, ob wir uns erneuern oder nicht. Das machen weder die CDU noch Merkel“, gab sich Lars Klingbeil ganz zuversichtlich.
Kritik am Familiennachzug
Viele junge Leute in Ludwigsfelde kritisierten den Kompromiss zum Familiennachzug von Flüchtlingen. Das Gros von ihnen sprach sich gegen die große Koalition aus. Umso überraschender das Bekenntnis von Cathy Bockelmann aus Falkensee: „Ich als Juso werde für die große Koalition stimmen, denn als Bürgerin wünsche ich mir eine stabile Regierung.“ Christopher Gordjy von der SPD Oberhavel sah das ganz anders. „Der Koalitionsvertrag packt große Probleme nicht an, sondern vertagt sie in Kommissionen“, beklagte er. Besonders ärgerte er sich über den Kompromiss zur sachgrundlosen Befristung und dass in der Vereinbarung „zu wenig“ gegen die Zwei-Klassen-Medizin getan werde.
Auch Rica Eller aus Bernau lehnte eine erneute Regierungszusammenarbeit mit der Union ab. Sie bezweifelte die Aussage von Klingbeil, dass die SPD gestärkt aus einer Regierungsbeteiligung hervorgehen könne und fragte: „Was haben wir denn dann in den letzten vier Jahren gemacht?“
„Visionen machen nicht satt“
Ganz konkret argumentierte Ulrike Schwenter, Sprecherin des Landeselternrates in Brandenburg: „Visionen machen nicht satt, aber 10 Prozent mehr Grundrente machen die Leute satt.“ Eveline Neumann aus Jüterbog ergänzte, „jeder zweite Lehrling wird mehr Geld bekommen“, wenn die Vereinbarung zur Ausbildungsvergütung umgesetzt werde. „Aber dieser Teil der Jugend ist hier unterrepräsentiert“, sagte sie in Richtung der jungen Groko-Gegner im Saal. Kevin Kühnert seinerseits zeigte sich trotz der Vereinbarung im Koalitionsvertrag skeptisch, dass „diese wichtige Forderung der Jusos kommen wird“. Auch bei der verbesserten Grundrente blieb er misstrauisch.
Eine Genossin, die der Meinung war, dass viel zu wenig für die Pflege erreicht worden sei und sie sich frage, wo die 8000 geplanten Stellen herkommen sollten, gestand Klingbeil zu, dass dies sicher nicht einfach werde. Dennoch seien die getroffenen Vereinbarungen „das Stoppschild, dafür dass der Wettbewerb in der Pflege auf dem Rücken der Pflegekräfte stattfindet“.
„Regieren und Partei erneuern ist möglich“
Eine andere Frau in Ludwigsfelde war weder begeistert vom Koalitionsvertrag noch war sie dagegen. Sie kam aber schließlich zu dem Schluss, dass Regieren und die Partei erneuern mit Andrea Nahles möglich seien: „Ich traue ihr zu, dass sie das schafft.“
Axel Lindenlaub warnte die Genossinnen und Genossen: „Einen Koalitionsvertrag vorzulegen und zu sagen, das machen wir nicht, dafür gibt es Strafe, kräftig Strafe.“ An die Kritiker gewandt sagte er, wenn man aber wirklich überzeugt sei, dass die Erneuerung der Partei nur in der Opposition möglich sei, dann müsse man das auch ganz konsequent angehen. „Das bedeutet nicht nur raus aus der Bundesregierung“, dann müsse die Partei auf allen Ebenen in die Opposition gehen.
Erneuerung voranbringen
Klingbeil und Kühnert wiederum waren sich am Ende der Debatte einig darin, dass egal wie die Mitglieder entscheiden würden, man gemeinsam in der SPD weitermache. „Ab dem 5. März geht es für mich zu 100 Prozent um die Frage der Erneuerung und da brauche ich auch die Jusos, damit wir den Laden voranbringen“, sagte Lars Klingbeil. Und Kevin Kühnert versprach: „Die Jusos werden alles dafür tun, dass uns niemand verlässt und alle für die Erneuerung arbeiten – egal, wie es ausgeht.“
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.