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Kevin Kühnert: Für die SPD an 30.000 Türen geklingelt

In fünf Wochen wird ein neuer Bundestag gewählt. Für die SPD ist der Haustürwahlkampf ein zentrales Element. Parteivize Kevin Kühnert und sein Team haben in Berlin seit Anfang Juni an mehr als 30.000 Türen geklingelt.
von Jonas Jordan · 19. August 2021
SPD-Vize Kevin Kühnert beim Haustürwahlkampf in Berlin-Tempelhof.
SPD-Vize Kevin Kühnert beim Haustürwahlkampf in Berlin-Tempelhof.

„Wir erleben im Tür-zu-Tür-Wahlkampf die Geschichten zu den Zahlen“, sagt Kevin Kühnert. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende freut sich über den Aufschwung, den seine Partei aktuell im Bundestagswahlkampf erlebt. Zwar gelte für ihn, dass er Umfragen weder teile, wenn die Werte besonders gut noch wenn sie besonders schlecht seien. Gleichzeitig spüre er in vielen Gesprächen, wie sich die Stimmung gegenüber der SPD dreht. Und Gespräche führt Kühnert aktuell viele. Seit Anfang Juni ist er in seinem Berliner Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg unermüdlich unterwegs. Kühnert und sein Team haben bereits an mehr als 30.000 Haustüren geklingelt. Das ist bundesweit Spitze in der SPD.

50.000 Türen bis zur Wahl

Doch der stellvertretende SPD-Vorsitzende hat noch nicht genug. Sein Ziel sind 50.000 Türen bis zum Wahltag am 26. September. An diesem Tag sollen einige dazukommen. Deswegen ist Kühnert im Berliner Stadtteil Tempelhof unweit des Denkmals für die Luftbrücke unterwegs. Eine Tasche mit Flyern hat er sich umgehängt und klingelt am ersten Haus. „Das Schwierigste ist erst einmal reinzukommen. Dann geht es meistens ganz gut“, sagt er. Ein bisschen wie im Bundestag, für den der 32-Jährige in diesem Jahr erstmals kandidiert.

Dann öffnet sich die Haustür. Kühnert steuert schwungvoll auf das Treppenhaus zu. Eine Bewohnerin im zweiten Stock wundert sich: Wer klingelt denn da? Sie war sieben Wochen lang nicht zu Hause und erwartet eigentlich niemanden. „Ich bin Kevin Kühnert, Ihr Bundestagskandidat für Tempelhof-Schöneberg. Wenn ihr mal was habt, sagt Bescheid.“ Ein nettes Lächeln, ein freundlicher Gruß, dann geht er weiter zur nächsten Tür. Die Reaktion ist verhalten: „Sorry, my German...“ Auch das ist für Kühnert kein Problem: „We are here for the general elections in September. I am the candidate for the socialdemocratic party.“

Ein Triell um den Wahlkreis

Auf dem Weg ins nächste Stockwerk erzählt der Kandidat: „Ich habe mich gewundert, warum mein Wahlkreis so viel mehr Einwohner hat als viele andere, aber es gibt viele Menschen, die gar nicht wahlberechtigt sind.“ Zumindest bei der Bundestagswahl. In Berlin wird zeitgleich am 26. September auch auf kommunaler Ebene gewählt. Da dürfen auch EU-Bürger*innen ihre Stimme abgeben, wie Kühnert einem Mann mit portugiesischem Pass erklärt. Der Sozialdemokrat hat in den vergangenen fünf Jahren als Bezirksverordneter für Tempelhof-Schöneberg kommunalpolitische Erfahrungen gesammelt.

Nun will er in den Bundestag und seinen Wahlkreis am liebsten direkt gewinnen. Auch deswegen ist Kühnert aktuell jede Woche montags bis samstags unterwegs und klingelt an Türen. Denn in seinem Wahlkreis liefert er sich einen Dreikampf mit dem bisher direkt gewählten CDU-Abgeordneten Jan-Marco Luczak und Renate Künast von den Grünen. Bis zu drei Prozentpunkte könne da der Tür-zu-Tür-Wahlkampf ausmachen. Letztlich könnte das für das Triell im Wahlkreis entscheidend sein. Denn Kühnert hat die Prozentpunkte ausgerechnet: „Ein hoher 20er-Wert ist möglich. Das dürfte reichen, um den Wahlkreis zu gewinnen.“

35 bis 40 Prozent machen auf

35 bis 40 Prozent der Menschen öffnen ihm und den Sozialdemokrat*innen in Tempelhof-Schöneberg die Tür. In einer Tabelle halten sie fest, ob die Reaktionen positiv, neutral oder negativ sind. Letzters trifft kaum zu. „Einer hat mal durch den Haustür gebrüllt“, berichtet Kühnert. Auch seien manche Querdenker*innen bereits durch die Sprüche auf ihren Fußmatten erkennbar. Da klingelt er dann gar nicht erst. „Ich habe keine Lust auf Grundsatzdiskussionen über Virologie“, sagt er.

An diesem Tag sind die Reaktionen durchweg positiv. Viele sind freudig überrascht, dass ein prominenter Politiker an ihrer Tür klingelt. „Ja, ich kenne Sie aus dem Fernsehen“, ruft eine Frau. Auch ein paar Türen weiter lächelt ein Mann bereits, als er Kühnert erblickt. Vorstellen muss er sich nicht: „Ich weiß, wer Sie sind. Vielen Dank und viel Erfolg noch!“

„Komm mal schnell! Kevin Kühnert ist an der Tür!“

Eine Mutter öffnet die Tür und sagt: „Moment, warten Sie mal kurz. Ich muss meinen Sohn rufen, der glaubt mir das sonst nie.“ Sie geht ein paar Schritte in den Flur: „Komm mal schnell! Kevin Kühnert ist an der Tür!“ Der Sohn ist zwar noch nicht wahlberechtigt, freut sich aber trotzdem, den SPD-Politiker zu sehen: „Sie sind doch nächste Woche auch für eine Podiumsdiskussion an meiner Schule.“ Kühnert antwortet: „Ja, genau, aber du kannst ruhig Du sagen. Dann sehen wir uns nächste Woche ja wieder. Bis dann!“ Nach zwei Stunden hat Kühnert an mehr als 200 Türen geklingelt. Für heute reicht's. Doch bis zum 26. September wird er noch einige Male in seinem Wahlkreis unterwegs sein.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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