Juso-Chef Kühnert: Wir tragen eine gemeinsame Verantwortung für diese Partei
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Noch drei Tage bis zum Sonderparteitag der SPD in Bonn. Dort wird entscheiden, ob die Parteispitze in Koalitionsverhandlungen mit der Union gehen wird oder nicht. Die Position der Jusos steht fest: Sie setzen auf ein klares Nein zur Neuauflage einer großen Koalition. „Wir Jusos wollen, das die SPD wieder eine starke Volkspartei wird“, erklärt ihr Vorsitzender Kevin Kühnert am Donnerstag vor Journalisten im Berliner Willy-Brandt-Haus. „Wir wollen einen Weg aufzeigen, wie das gelingen kann“, fügt er hinzu. Die SPD habe in den vergangenen zwölf Jahren und zwei großen Koalitionen 15 Prozent ihrer Wählerstimmen verloren. Für ihn leite sich daraus die empirische Erkenntnis ab, dass dieser Weg nicht belohnt worden sei, sagt er.
Rentenpolitik „kein großer Wurf“
Und auch die Ergebnisse der Sondierungsgespräche hätten die Jusos nicht überzeugt, im Gegenteil. Ihre Kritik beinhaltet die darin festgeschriebene Obergrenze für Geflüchtete, „auch wenn das so wörtlich nicht drin steht“, sagt Kühnert. Im Gegenzug habe die SPD keine Bürgerversicherung bekommen und es werde auch keine Erhöhung des Spitzensteuersatzes geben. Die „krasse Ungleichheit bei Vermögen“ in Deutschland lasse sich so nicht bekämpfen, warnt Kühnert. Auch in der Rentenpolitik sei „kein großer Wurf“ gelungen: Die Festschreibung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis 2025 lasse die Frage nach der Zukunft der gesetzlichen Rente unbeantwortet – „besonders für die junge Generation“, kritisiert er.
Nachverhandlungen hält er für eine Illusion und warnt davor, zu glauben, dass „wir die Bürgerversicherung noch hineinverhandeln können“. Alles, was nicht im Sondierungspapier stehe, werde auch bei den Koalitionsverhandlungen nicht mehr hineinkommen.
SPD in schwieriger Situation
Die Stimmung in der Partei erlebt Kühnert dieser Tage als sehr kontrovers. Niemand sei begeistert, die SPD befinde sich in einer schwierigen Situation. Unabhängig davon, wie der Sonntag ausgehe, „wird es Menschen geben, die enttäuscht sind, egal wie wir uns verhalten“. Für die Jusos ist jedoch klar: Der Teufelskreis der großen Koalition müsse unterbrochen werden. Schon auf dem Parteitag der SPD im Dezember hatte Kühnert stellvertretend für die junge Generation in der SPD erklärt, dass die Gemeinsamkeiten mit der Union aufgebraucht seien. Auch solle man nicht immer auf Neuwahlen als einzige Konsequenz verweisen, sagt er am Donnerstag. Denn auch Angela Merkel sei nicht in der Position zu entscheiden, ob es Neuwahlen gibt.
Kühnert plädiert dafür, die inhaltliche Auseinandersetzung nicht mit personellen Fragen zu verknüpfen. „Wir werden am Sonntag eine faire und sachliche Debatte führen“, sagt er. Die Frage, „wie wir die SPD wieder stärken könne, eint uns“, so Kühnert. Nur die Strategien darüber, was der richtige Weg ist, den die Partei gehen solle, seien unterschiedlich. Mit Parteichef Martin Schulz sei vor Sonntag noch ein persönliches Gespräch geplant. „Ich bin im ständigen Kontakt mit der Parteispitze“, sagt Kühnert. Auch nach dem Sonntag bleibe die SPD zusammen, fügt er hinzu. „Wir tragen die gemeinsame Verantwortung für diese Partei und für diesen Parteitag“.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.