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Juso-Bundeskongress: Klingbeil sucht Verbündete für die Erneuerung

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil ist am Samstagnachmittag zu Gast beim Juso-Bundeskongress in Düsseldorf und sucht Mitstreiter für die Erneuerung der Partei. Für seine Rede erntet er Applaus, aber auch Kritik.
von Jonas Jordan · 1. Dezember 2018
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Für SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der früher mal stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender war, ist sein Auftritt beim Bundeskongress der Jungsozialisten am Samstagnachmittag in Düsseldorf eine Rückkehr an alte Wirkungsstelle. Zugleich kommt er mit einem Anliegen.

Alle Mitglieder für Erneuerung verantwortlich

Klingbeil spricht von einer intensiven Zeit im vergangenen Jahr. Doch der Generalsekretär will nicht nur zurück, sondern auch nach vorne schauen: „Es geht darum, dass wir zusammen Politik machen. Dafür braucht es starke Jungsozialisten.“ Ihm ist bewusst, dass er die Jusos für die Erneuerung der Partei braucht. Klingbeil sagt: „Ihr habt an Macht gewonnen und das ist auch gut so. Wenn man Macht hat, bedeutet das auch, Verantwortung zu tragen.“

Der Generalsekretär spricht von einer gemeinsamen Verantwortung, die Partei zu erneuern und für den richtigen Weg zu streiten. Zugleich bedeute Erneuerung, dass alle 450.000 Mitglieder in der Verantwortung seien, etwas zu verändern. Das Wahlergebnis von 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr sei eine Warnung gewesen, dass vieles anders werden müsse. „Die SPD hat über Jahre an Vertrauen verloren.“ Das zurückzugewinnen, dauere. Aktuell sei die Partei in diesem Prozess.

Radikale Veränderungen für mehr Vertrauen

Die SPD habe innerhalb der Großen Koalition bereits einiges erreicht. Sie habe die Rente stabilisiert, die Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung wiederhergestellt und den sozialen Arbeitsmarkt eingeführt. „Das sind sozialdemokratische Projekte, auf die wir stolz sein sollten“, sagt Klingbeil. Zudem habe die SPD in dieser Woche habe mit einer Grundgesetzänderung erreicht, dass mehr Geld in Bildung investiert werden könne. Trotzdem werde die Situation der Partei in Umfragen nicht besser. „Wir müssen uns ernsthaft fragen, woran das liegt.“

Um Vertrauen zurückzugewinnen, müsse sich die SPD radikal verändern. Es dürfe in dieser Erneuerungsdebatte keine Tabus geben. „Wir brauchen eine andere Haltung und eine andere Ausstrahlung“, sagt Klingbeil. Mit dem Debattencamp sei es gelungen, eine Zukunftsdiskussion zu beginnen. Der Generalsekretär glaubt: „Eine andere SPD ist möglich.“ Das sei auf dem Debattencamp deutlich geworden.

Drei Themen für den Neuanfang

Die Jusos hätten den Auftrag, die Zukunft der Partei zu gestalten. Durch das Debattenportal sei es insbesondere für junge Menschen möglich, sich neben der Ortsvereinsstruktur auch digital in Diskussionen einzubringen. „Es geht darum, dass wir die Art und Weise, wie wir Politik machen, verändern, dass wir anders kommunizieren, uns personell anders aufstellen“, sagt Klingbeil. Doch die Basis all dessen, sei eine grundlegende Überzeugung. Die SPD dürfe den Anspruch nicht aufgeben, Volkspartei sein zu wollen.

Drei Themen seien für die Zukunft der SPD besonders wichtig: die soziale Sicherheit, der Klimaschutz und die Digitalisierung. „Es ist die Aufgabe der SPD, den Menschen diese soziale Sicherheit zu gewährleisten.“ Ein System wie Hartz IV sei nicht mehr zeitgemäß: „Deswegen müssen wir es ändern.“ Auch zu Sanktionen äußert sich Klingbeil kritisch.„Was wir nicht brauchen, ist ein bedingungsloses Grundeinkommen“, macht Klingbeil klar.

In Bezug auf den Klimaschutz sagt Klingbeil: „Das ist kein Modethema. Es treibt viele Menschen in diesem Land um, wie sie im Einklang mit der Natur leben können. Deswegen brauchen wir eine klare Haltung.“ In diesem Zusammenhang positioniert er sich auch zum Ausstieg aus der Kohleenergie. „Wir wollen raus aus der Kohle, aber wir kümmern uns um die Menschen.“ Die Position der SPD beim Thema Digitalisierung sei, den Zugang zu digitaler Infrastruktur für alle Menschen zu sichern.

Bei Rot durchfahren

In der Aussprache zu Klingbeils Rede macht eine Delegierte der Jusos Braunschweig das „konsensuale Kuscheln in der politischen Mitte“ für die aktuelle Lage der SPD verantwortlich. Niemand wähle eine Partei, die sich nicht entscheiden könne, für wen sie Politik mache. Sie fordert daher: „Lasst uns die Bewegung sein, die der neoliberalen Agenda und dem rechten Mob den Kampf ansagt.“

Ähnlich klingt es bei Frederik Michalke aus Frankfurt: „Lasst uns das Haus SPD wieder aufbauen. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Lasst uns nicht immer links blinken und rechts abbiegen, sondern auch mal bei Rot durchfahren, auch wenn es einen Punkt kostet.“ 

Kritisch-solidarisch zur Mutterpartei

Almut Großmann, die am Freitagabend zur stellvertretenden Juso-Bundesvorsitzenden gewählt wurde, sagt: „Wir müssen die Debatten tiefergehend führen. Wir müssen jetzt Zukunftsfragen klären.“ Die Position der Jusos sei klar: „Wir müssen nach links rücken.“ Hannah Fischer, stellvertretende Landesvorsitzende aus Bayern, kündigt ihren Redebeitrag als „aus Überzeugung kritisch-solidarisch zur Mutterpartei“ an. Sie übt Kritik am Zeitplan, dass das SPD-Europawahlprogramm erst Ende März beschlossen werden soll.

Klingbeil reagiert gelassen auf die Diskussion: „Niemand muss sich für kritische Beiträge entschuldigen. Das ist okay. Ich bin der Generalsekretär, ihr seid der Jugendverband.“ Zugleich sagt Klingbeil, er baue auf die Unterstützung der Jusos, um die Partei wieder nach vorne zu bringen. 

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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