Parteileben

Jubiläum: „In Leipzig findet man an jeder zweiten Ecke Spuren der SPD“

Mit dem ADAV wurde vor 160 Jahren in Leipzig der Vorgänger der SPD gegründet. Für Die Partei spielt die Stadt eine wichtige Rolle, sagt der Leipziger Vorsitzende Holger Mann. Zum Jubiläum hat die SPD ein eigenes Programm auf die Beine gestellt.
von Kai Doering · 17. Mai 2023
SPD Fahne hinter einer Figuer des Leipziger Mendebrunnens: Mehr Wurzeln der Sozialdemokratie gibt es vermutlich nirgendwo in Deutschland.
SPD Fahne hinter einer Figuer des Leipziger Mendebrunnens: Mehr Wurzeln der Sozialdemokratie gibt es vermutlich nirgendwo in Deutschland.

Welche Bedeutung hat Leipzig für die deutsche Sozialdemokratie?

Eine riesige. Leipzig ist die Wiege der Sozialdemokratie als Gründungsort des ADAV. Sachsen war Zentrum der industriellen Revolution, die weit ausstrahlte. Man kann sagen, dass bis zum Verbot durch die Nazis 1933 alle wichtigen Parteitage der Sozialdemokratie in Mitteldeutschland stattgefunden haben. Das alles hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der SPD zur Massenpartei. Mehr Wurzeln der Sozialdemokratie gibt es vermutlich nirgendwo in Deutschland.

Am Gründungsort selbst, dem damaligen „Pantheon,“ ist heute nur noch eine Grünfläche. Gibt es sonst in Leipzig noch sichtbare Zeichen aus der SPD-Geschichte?

Ja, jede Menge. Es würde mich und viele mehr aber sehr freuen, wenn am Ort der Gründung angemessener auf die Bedeutung hingewiesen würde. Hier wurde 1865 ebenso der Allgemeine Deutsche Cigarrenarbeiter-Verein, also die Vorläuferorganisation der NGG und damit die älteste deutsche Gewerkschaft gegründet. Das Gebäude, in dem sich die Ausflugsgaststätte „Pantheon“ befand, ist leider zu DDR-Zeiten wegen Baufälligkeit abgerissen worden.

In Leipzig findet man trotzdem an jeder zweiten Ecke Spuren sozialdemokratischer Geschichte. Leipzig ist ja nicht nur Gründungsort der SPD, sondern auch des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins und vieler Arbeiter*innenbildungsvereine. Die Arbeiterbewegung war hier so stark, dass sie sich eigene Institutionen geschaffen hat, die es zum Teil bis heute gibt, von der Konsum-Genossenschaft, über das Liebknecht- und Volkshaus bis hin zu Zeitungen wie der Leipziger Volkzeitung.

Zum Parteijubiläum organisiert die Leipziger SPD u.a. eine historische Stadtrundfahrt. Viele der genannten Orte werden dabei sicher auch besucht, oder?

Viele schon, aber nicht alle. Leipzig atmet so viel sozialdemokratische Geschichte, dass das die geplanten zwei Stunden der Stadtrundfahrt deutlich sprengen würde. Wenn das Interesse da ist, bieten wir die Stadtrundfahrten künftig aber auch gern regelmäßig an.

Die Leipziger SPD hat in Eigenregie eine ganze Woche voller Veranstaltungen zum Parteijubiläum auf die Beine gestellt. Warum war Ihnen das wichtig?

Zum einen, weil wir als Partei so eine stolze Geschichte haben. Das wollen wir über historische Linien deutlich machen und daran erinnern. Die SPD prägt bis heute die Geschichte der Demokratie in Deutschland, bei all ihren Brüchen. Zum anderen wollen wir aber auch nach vorn denken und das Jubiläum dafür nutzen, zu diskutieren, was sich verändert hat und wohin wir wollen. Der Blick zurück kann so auch den Blick nach vorne schärfen.

Die SPD in Sachsen hat seit der Wiedervereinigung einen eher schweren Stand. Kann die Besinnung auf die eigene Geschichte helfen, daraus eine neue Stärke zu ziehen?

Manchen kommt die Geschichte der SPD mit ihren Erfolgen geradezu als Bürde vor. Das halte ich für falsch. Wenn wir uns als Partei daran erinnern, was wir schon geleistet und durchgestanden haben, auch im Bündnis mit anderen wie etwa den Gewerkschaften, dann kann das durchaus Kraft für die Gegenwart und die Zukunft geben. Glücklicherweise gibt es inzwischen ein neues ostdeutsches Selbstbewusstsein und eine neue Arbeiter*innenbewegung. Aus der Rückbesinnung wollen wir auch Stärke für die nächsten Auseinandersetzungen und Wahlen ziehen.

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Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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