Das Interesse war groß, viele Studierende waren der Einladung der
Juso-Hochschulgruppe gefolgt. Der geschichtsträchtige Hörsaal A des Henry-Ford-Baus der Freien Universität Berlin - hier nahm die Studentenrevolte
Ende der 60er Jahre ihren Anfang - war überfüllt. Dass zwei Spitzenpolitiker extra in die Universität kamen, um sich die ihre Anliegen anzuhören, kam bei den Studierenden offenbar gut an.
Ins Gespräch kommen
Er sei kein Bildungsexperte und wolle auch nicht so tun als ob er einer sei, erklärte Sigmar Gabriel einleitend und stellte heraus, warum er und Frank-Walter Steinmeier in den Hörsaal
gekommen waren: "Wir wollen mit Ihnen ins Gespräch kommen, Ihnen zuhören und uns dann in die Debatte einschalten." Eine Aufforderung, auch zur Kritik an der Bildungspolitik der SPD. Denn die SPD
reagiere immer dann am besten, wenn die Leute ihr
Feuer unter dem Hintern machten, so der SPD-Vorsitzende.
Der akademische Nachwuchs gab anschließend Auskunft über die Gründe des Bildungsstreiks, im Mittelpunkt der Kritik: Der Bologna-Prozess und seine Umsetzung an den Universitäten. Einigkeit
herrschte darüber, dass der Staat grundsätzlich zu wenig Geld für Bildung ausgibt. "25 Milliarden Euro fehlen im Jahr, um auf den Durchschnitt anderer Industriestaaten zu kommen", so Gabriel.
Es geht um mehr als nur ums Geld
Die Studierenden machten aber auch deutlich, dass es ihnen bei ihrem Streik um mehr geht als um die Hochschulfinanzierung. "Es geht um inhaltliche, strukturelle Probleme, die auch ohne viel
Geld relativ schnell gelöst werden können", so ein Student. Mehr Mitbestimmung für die Studenten, mehr Wahlfreiheit im Studium, weniger Semesterwochenstunden und ein Rechtsanspruch auf den
Master, so die zentralen Forderungen.
Bei aller Sympathie für die Wünsche der Studierenden gab es auch Punkte, bei denen die SPD-Politiker widersprechen mussten. Die Forderung, der Staat solle auch ein kostenloses Zweitstudium
garantieren, stieß etwa auf klare Ablehnung. Ebenso der Wunsch, weniger staatliche Gelder für die Spitzenforschung auszugeben. "Das wäre tödlich für unser Land", zeigte sich Gabriel überzeugt.
Dinge zusammen sehen
Dennoch forderte Frank-Walter Steinmeier die Studierenden dazu auf, ihren Protest fortzusetzen und für ihre Ziele zu kämpfen. Denn eine politische Forderung alleine verändere noch nichts.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende appellierte aber an die jungen Leute, sich mit ihren Protesten nicht auf den Universitätsbereich zu beschränken, sondern "die Dinge zusammen zu sehen". Steuerpolitik
und Bildungspolitik seien nicht voneinander zu trennen. Daher müsse man sich auch gemeinsam gegen eine Steuersenkungspolitik wehren, die zwangsläufig Kürzungen im Bildungsbereich zur Folge hätte.
Abschließend lud Sigmar Gabriel eine Abordnung der seit vier Wochen streikenden Studenten für kommenden Montag in den SPD-Vorstand ein, um die Diskussion fortzusetzen. Wenn auch "noch nicht
als neue Mitglieder - obwohl auch das ganz gut täte"
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