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Gustav-Heinemann-Bürgerpreis: Mit Courage gegen Rechts

Das Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. ist mit dem Gustav-Heinemann-Bürgerpreis ausgezeichnet worden. Bei der Preisverleihung im Willy-Brandt-Haus zeigte sich: Demokratie muss gepflegt werden.
von · 19. Juni 2015

Henning Scherf freut sich, dass auch einige junge Leute den Weg ins Willy-Brandt-Haus gefunden haben. Denn um junge Leute soll es ja gehen, um die jungen Leute des Netzwerks für Demokratie und Courage e.V. (NDC) nämlich. Die werden für ihren Einsatz gegen Rechtsextremismus am heutigen Freitag mit dem Gustav-Heinemann-Bürgerpreis ausgezeichnet. Der Preis wird seit 1977 vergeben, im Gedenken an den früheren SPD-Bundespräsidenten Gustav Heinemann (1899-1976). Er ist mit 10.000 Euro dotiert und als Auszeichnung für Personen, Gruppen oder Organisationen gedacht, die sich für Freiheit und Gerechtigkeit in einer demokratischen Gesellschaft einsetzen.

Scherf, Vorsitzender des Bürgerpreis-Kuratoriums, zeigt sich von dem Engagement des NDC beeindruckt: „Sie sind das Beste, was wir haben: junge Leute, die sich für andere einsetzen.“ Sie würden nicht warten, dass „der Sigmar was macht“, sondern die Dinge selbst in die Hand nehmen. Tatsächlich sind über 600 Ehrenamtliche im Netzwerk aktiv, die Mut machen wollen, bei Diskriminierung nicht wegzusehen. Die meisten von ihnen sind zwischen 18 und 30 und arbeiten als sogenannte „Teamer“: Regelmäßig gehen sie an Schulen, um dort mit Jugendlichen die Projekttage „Für Demokratie Courage zeigen“ durchzuführen.

Rechtsextremismus als gesamtdeutsches Problem

Das Preisgeld kann das NDC gut gebrauchen, denn die Projekttage sind für die Schulen kostenlos und werden über öffentliche Mittel und Spenden finanziert. Seit 1999 klärt das NDC über Diskriminierung und Rassismus auf. Damals wurde es in Dresden gegründet, nachdem die rechtsgerichtete DVU bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt aus dem Stand 12,9 Prozent der Stimmen bekam. Doch Rechtsextremismus ist nicht nur ein ostdeutsches Problem und das NDC mittlerweile in elf Bundesländern aktiv. Benjamin Winkler, Mitarbeiter der NDC-Bundesgeschäftsstelle, freut sich über diese „Ost-West-Wanderung“ – denn es käme in Deutschland ja nicht allzu oft vor, dass der Westen sich etwas vom Osten abschaue.

Geht es nach SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, kann sich auch die Politik jede Menge vom NDC abschauen. Zum Beispiel, wie wahre Demokratiepflege aussieht. Oft würden diejenigen, die sich kümmerten, als Störenfriede wahrgenommen – es sei bequemer, Rechtsradikalismus einfach hinzunehmen. Aber wie schon Franz Müntefering sagte: „Demokratie kennt keinen Schaukelstuhl“, sprich, es braucht Menschen, die sich um die Demokratie kümmern. Das, so Gabriel, mache das NDC vorbildlich, indem es die Demokratie stärke, fördere und anderen ein Vorbild sei. Die SPD solle sich daran ein Beispiel nehmen und die Hände nicht in den Schoß legen: „Wir Sozialdemokraten haben die Demokratie stets verteidigt. Wir haben aber auch eine besondere Verantwortung, dass sie nicht vor die Hunde geht.“

Forderungen an die SPD

Diese Meinung teilen die jungen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom NDC. Über die Auszeichnung freuen sie sich – sie wollen aber auch die Gelegenheit nutzen, ein paar Forderungen an „die Demokratiepartei“ (Gabriel) zu stellen. Lena, die als Teamerin Schulen besucht, berichtet davon, wie unsicher sie manchmal ist: „Nach so einem Projekttag frage ich mich manchmal, wie nachhaltig dieser war.“ Wie viel konnte sie tatsächlich bewirken? Hat sie die Jugendlichen erreicht? Lena wünscht sich, dass solche Projekttage noch öfter stattfinden können, um ein dauerhaftes Umdenken zu bewirken. Und dazu braucht es finanzielle Unterstützung. Von der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sind die jungen Preisträger und Preisträgerinnen wenig angetan, Henning Scherf wird deswegen ein T-Shirt mit der Aufschrift „Refugees welcome“ überreicht – in Größe S. Der Zwei-Meter-Mann lacht. Diese jungen Leute! Beim Dauereinsatz für eine tolerantere Gesellschaft hat die passende T-Shirt-Größe eben keine Priorität.

 

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