Grundrente: „So funktioniert feministische Politik“
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Der Bundestag hat am Donnerstag die Grundrente verabschiedet. Warum ist das speziell für Frauen eine gute Nachricht?
Frauen erhalten im Durchschnitt 46 Prozent weniger Rente als Männer. Damit ist Deutschland auf dem letzten Platz der Industrieländer. Das hängt mit den Lohnunterschieden im Berufsleben zusammen, dem Anteil an Teilzeitbeschäftigung, aber auch damit, dass Frauen oft in Berufen arbeiten, die schlechter bezahlt werden. Das haben wir beispielsweise bei den sogenannten systemrelevanten Berufen während der Corona-Pandemie gesehen, in denen zu 60 Prozent Frauen arbeiten. Sie sind am Ende diejenigen, die eine geringe Rente bekommen. Deswegen ist die Grundrente auch so ein feministisches Thema, weil sie ein Anfang ist, etwas dagegen zu machen.
Ist die Grundrente somit ein Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung?
Ja, es ist ein Schritt in die richtige Richtung und ich finde ihn unglaublich wichtig. Denn 70 Prozent der Empfänger*innen der Grundrente werden Frauen sein. Für sie ist es eine Anerkennung ihrer Lebensleistung. Das große Ziel ist aber, Frauen aus der Altersarmut zu holen.
Ist die Grundrente ein feministischer Erfolg der SPD?
Total. Das würde ich sofort unterschreiben und Hubertus Heil weiß das selbst auch. In unserem Gespräch hat er das auch angesprochen und selbst immer wieder erwähnt, wie wichtig das Thema für Frauen ist. Das finde ich richtig gut. Denn so funktioniert feministische Politik. Dieses Thema in einer großen Koalition durchzubringen gegenüber der CDU/CSU ist ein voller Erfolg von Hubertus Heil.
Sie selbst haben den Appell #stattblumen für mehr Gleichberechtigung initiiert, den mehr als 8.000 Menschen unterzeichnet haben. Die Unterschriften haben sie vor kurzem an Hubertus Heil und weitere Mitglieder der Bundesregierung übergeben. Ist die Grundrente auch durch diesen öffentlichen Druck so schnell zustande gekommen?
Das wünschen wir uns natürlich. Wir haben mit Hubertus Heil darüber gesprochen und ich hatte das Gefühl, dass die Grundrente sein Leidenschaftsthema ist. Vielleicht hat unsere Kampagne geholfen, die strukturelle Benachteiligung von Frauen noch einmal sichtbar zu machen. Und wenn der Druck aus der Gesellschaft größer ist, kann man auch schneller politisch etwas umsetzen. Ich hoffe, dass wir einen kleinen Teil dazu beigetragen haben.
Welche weiteren gleichstellungspolitischen Maßnahmen sind nach der Grundrente notwendig?
Wir müssen die Altersarmut bekämpfen und schauen, was mit den Menschen, insbesondere den Frauen, die jetzt in Altersarmut leben. Dafür brauchen wir weitere Schritte. Da zähle ich ganz stark darauf, dass die SPD dieses Thema weiter verfolgt und entsprechende Maßnahmen initiiert. Das Wichtigste ist, Schritte nach vorne zu gehen und sich auch gegenüber der CDU/CSU gleichstellungspolitisch durchzusetzen.
Eine Maßnahme wäre ja, wie von der SPD gefordert, den Mindestlohn auf 12 Euro zu erhöhen.
Ja, das stimmt. Es ist genau das Richtige, einen Mindestlohn von 12 Euro zu fordern. Das ist der Maßstab, den man ansetzen muss. Denn wir brauchen einen armutsfesten Mindestlohn. Wenn Menschen früher mehr verdienen, bekommen sie auch mehr Rente. Genauso müssen wir den Gender Pay Gap weiter bekämpfen und wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen. Es sind viele kleinteilige Schritte, aber wir sind noch weit entfernt von einer echten Gleichberechtigung.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo