Größte SPD-Landesgruppen wollen Parteierneuerung beschleunigen
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Am Dienstag und Mittwoch treffen sich die Bundestagsabgeordneten der SPD aus Niedersachsen, Bremen und Nordrhein-Westfalen in Osnabrück zu einer gemeinsamen Klausur, an der am Mittwoch auch die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles teilnehmen wird. In einem Diskussionspapier fordern die Vorsitzenden der beiden Landesgruppen Johann Saathoff und Achim Post „mehr Selbstbewusstsein und Mut“ von ihrer Partei. Die SPD müsse sich klarer und mutiger in der großen Koalition positionieren.
Neustart und Profilschärfung
Für 2019 geben Saathoff und Post ein doppeltes Ziel aus: „einen Neustart der Regierung zu schaffen und zugleich sozialdemokratische Politik stärker zu profilieren“. Dazu gehört für die beiden Abgeordneten dafür zu arbeiten, dass befristete Beschäftigung drastisch reduziert wird. Der Mindestlohn soll auch „mindestens zwölf Euro steigen“ und eine Grundrente eingeführt werden.
Auch eine Reform des Hartz-IV-Systems wie von SPD-Chefin Andrea Nahles angestrebt „noch in diesem Jahr“ unterstützen Saathoff und Post ausdrücklich. „Überzogene Sanktionen“ wollen sie abschaffen, langjährige Versicherte sollen einen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Die Pläne der CDU, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen, lehnen Saathoff und Post ab. Für hohe Einkommen sollte er erhalten bleiben. Darüber hinaus wollen die Abgeordneten den Spitzensteuersatz und die Reichensteuer erhöhen.
Die Europäische Union reformieren
Die Reform der Europäischen Union soll nach Ansicht von Saathoff und Post auch nach den Europawahlen Ende Mai weiter „ganz oben auf der Agenda stehen“. Sie fordern einen europäischen Zukunftshaushalt für technologische Investitionen sowie mehr Geld für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit. Die „einseitige Sparpolitik“ der vergangenen Jahre soll beendet und eine „strategische Industriepolitik“ etabliert werden.
Vorantreiben wollen Johann Saathoff und Achim Post auch die Erneuerung der SPD. Diese müsse 2019 „noch grundlegender angepackt“ und Identifikationsthemen für die gesamte Partei müssten geschaffen werden. Die SPD müsse auch den Mut haben, „Themen offensiv zu setzen und durchzuhalten“. In diesem Zusammenhang sprechen sich Saathoff und Post auch für eine Urwahl von Spitzenkandidaten aus, „wenn es mehrere Kandidatinnen oder Kandidaten für ein Amt gibt“.
Post: Gut aufgestellt für die Europawahl
„Wir gehen selbstbewusst in dieses Jahr“, betonte Achim Post zu Beginn der Klausur. Die SPD wolle die anstehende Europawahl und die Landtagswahlen gewinnen. „Die SPD ist für Europa in Deutschland mit Katarina Barley und europaweit mit Frans Timmermans gut aufgestellt“, zeigte sich Post überzeugt. Die Partei könne die Menschen von Europa überzeugen.
Johann Saathoff machte deutlich, dass den Bundestagsabgeordneten in der Klausur drei Aspekte besonders wichtig sind: „die SPD als Partei der Arbeit und der sozialen Gerechtigkeit, die SPD als Friedenspartei und die SPD als Partei der Kommunen“. Saathoff betonte auch den besonderen Charakter der Klausur der beiden größten Landesgruppen: „Wir machen das gemeinsam und öffentlich.“
SPD will stärkste Kraft in Bremen bleiben
Als Gast nahm auch der Bürgermeister von Bremen, Carsten Sieling, an dem Treffen in Osnabrück teil. Sieling, der im Mai eine Landtagswahl zu bestehen hat, betonte: „Wir spielen auf Sieg, damit die SPD stärkste Kraft und ich Bürgermeister bleibe.“
Sieling teilt die Einschätzung von Post und Saathoff, die in einem gemeinsamen Arbeitspapier die Notwendigkeit von Investitionen unterstreichen. „Wir stehen vor einem Jahrzehnt der Investitionen“, so der Bürgermeister der Hansestadt. Sieling unterstützt auch den Vorschlag, Hartz IV zu überarbeiten. Außerdem forderte er: „Wir brauchen dringend eine Kindergrundsicherung.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.