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„Grass ist kein Antisemit“

von Die Redaktion · 25. April 2012
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vorwärts-Leser fragen, Andrea Nahles antwortet: In der Mai-Ausgabe geht es um den Fiskalpakt, das ACTA-Abkommen und das umstrittene Gedicht von Günter Grass.

Wie wird sich die SPD verhalten, wenn es zukünftig trotz linker Parlamentsmehrheit nicht für Rot-Grün reicht?

Über diese Frage denken wir vor zwei wichtigen Landtagswahlen nicht nach. Sowohl in Schleswig-Holstein als auch in Nordrhein-Westfalen stehen die Chancen sehr gut, dass es für Rot-Grün reicht. Es gibt also keinerlei Grund, nervös zu werden und über Möglichkeiten zu spekulieren, die nicht eintreten werden.

Ist der Fiskalpakt mit sozialdemokratischen Werten vereinbar?

Der Fiskalpakt ist Ausweis einer reinen Sparlogik. Schulden sind natürlich immer eine Last für zukünftige Generationen. Eine Begrenzung ist deshalb wichtig. Trotzdem kann Sparen nur das eine Bein sein, auf dem wir stehen. Es muss auch einen funktionierenden Sozialstaat geben, den wir finanzieren müssen. Deshalb fordert die SPD, dass begleitend zum Fiskalpakt eine Finanztransaktionssteuer eingeführt wird. Der Fiskalpakt allein wird die Probleme in Europa nicht lösen.

Warum grenzt sich die SPD nicht stärker von Günter Grass ab?

Wir haben uns klar zu Günter Grass und seinem Gedicht geäußert. Ich fand es weder als literarischen Text gut, noch seine inhaltlichen Einschätzungen angemessen. Trotzdem bleibt Günther Grass ein von mir hoch geschätzter Literat. Für mich ist er auch kein Antisemit. Manches, was da hochgezogen wurde, finde ich stark übertrieben. Wir sollten nicht hysterisch sein.

Ist das Nein der SPD zur Einschränkung des Rederechts im Bundestag endgültig?

Ja. Eine Einschränkung des Rederechts ist mit uns nicht zu machen. Es geht dabei ja sowohl um die Stellung des einzelnen Abgeordneten als auch um den Schutz von Mindermeinungen. Klar ist, dass es endlich eine Regelung braucht, wie mit den Reden von Abgeordneten mit abweichenden Meinungen umgegangen wird. Bisher entscheidet da ja der Bundestagspräsident allein. Diese Regelung muss aber im Konsens getroffen werden – und sie darf die Rechte des Einzelnen nicht verletzen. Ich rechne mit einer schnellen Einigung.

Welche Konsequenzen zieht die SPD aus dem Scheitern des ACTA-Abkommens?

Eine wichtige Konsequenz muss sein, dass Geheimverhandlungen der EU-Kommission künftig der Vergangenheit angehören. Es ist den europäischen Sozialdemokraten gelungen, Parlament, Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft in den Prozess einzubinden. Und wir werden uns dafür einsetzen, dass dies künftig von Anfang an der Fall sein wird.

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