Am Donnerstagabend haben die SPD und ihr Kanzlerkandidat in Berlin die letzten 72 Stunden bis zur Bundestagswahl eingeläutet. 6000 Menschen erlebten auf dem Alexanderplatz einen kämpferischen Peer Steinbrück, der klar machte: „Ich will Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden.“
Donnerstagabend um kurz vor halb sieben platzt der Alexanderplatz aus allen Nähten. 6000 Menschen sind ins Herzen Berlins gekommen, um beim Auftakt für den Endspurt dabei zu sein. 72 Stunden sind es noch bis zur Bundestagswahl am Sonntag. 72 Stunden, die die SPD nutzen möchte. „Wir werden hier noch richtig rocken in den nächsten 72 Stunden“, verspricht Thorsten Schäfer-Gümbel.
Der Spitzenkandidat der hessischen SPD – hier wird am Sonntag auch ein neuer Landtag gewählt – wird aus Frankfurt live auf den Alexanderplatz geschaltet. Auch die stellvertretenden SPD-Chefinnen Manuela Schwesig (aus Dresden) und Hannelore Kraft (aus Duisburg) sind auf den großen Leinwänden zu sehen. Kraft hat „ein gutes Gefühl“ für Sonntag, „denn wir haben die richtigen Antworten auf die Fragen der Bürger“. Und Manuela Schwesig appelliert an die Menschen: „Lasst Euer Wahlrecht nicht auf der Straße liegen!“
„Nicht die Demoskopen entscheiden, sondern Sie.“
Das ist auch die Botschaft von Peer Steinbrück. Der SPD-Kanzlerkandidat bahnt sich zur Melodie „Zuhaus“, seiner Wahlkampfhymne, um kurz nach halb sieben seinen Weg durch die Menschenmenge. Bei ihm sind SPD-Chef Sigmar Gabriel, der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier, die stellvertretenden Parteivorsitzenden Olaf Scholz und Klaus Wowereit sowie SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.
„Berlin grüßt den künftigen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland“, ruft Klaus Wowereit und die 6000 Menschen auf dem Alexanderplatz jubeln. Und der Regierende Bürgermeister stellt klar: „Nicht die Demoskopen entscheiden diese Wahl, sondern Sie, die Bürgerinnen und Bürger!“
„Angela Merkel gibt keine Richtung vor.“
Dann endlich betritt Peer Steinbrück die Bühne. Wie schon in den vergangenen Wochen während seiner „Klartext“-Tour steht sie inmitten einer Zuschauermenge an Biertischen und unter einem weißen Zeltdach. Der Kandidat ist nur wenige Meter entfernt. „Sie haben es in der Hand“, wendet sich Peer Steinbrück direkt an sein Publikum. „In drei Tagen können sie diese untätigste, aber vollmundigste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung los sein.“
In der folgenden Dreiviertelstunde seziert Steinbrück die Politik von Schwarz-Gelb und stellt ihr die Ziele der SPD gegenüber. „Hat diese Regierung etwas bei der Rente getan?“, fragt Steinbrück. „Nein!“, schallt es ihm entgegen. „Hat sie etwas im Bereich der Bildung erreicht?“ „Nein!“ „Hat sie die Finanzlage der Kommunen verbessert?“ „Nein!“ Steinbrück und sein Publikum sind sich sehr einig und der Schluss des Kanzler-Kandidaten ist klar: „Angela Merkel hat die Richtlinienkompetenz, aber sie gibt keine Richtung vor.“
Peer Steinbrück bringt es auf die Formel: „Angela Merkel fährt gerne Kreisverkehr.“ Da ecke sie nicht an, da fahre sie stets unfallfrei. „Das mache ich nicht“, räumt Steinbrück ein und die Menschen lachen. „Aber mit mir wissen Sie, woran Sie sind.“
Vision für Deutschland
„Wenn Sie gleich Bezahlung für die gleiche Tätigkeit wollen, müssen Sie SPD wählen. Wenn Sie wollen, dass mehr Geld in die Bildung fließt, müssen Sie SPD wählen. Und wenn Sie wollen, dass die Kavallerie gegen Steuerbetrug auch gesattelt wird, müssen Sie mich wählen.“ Das sitzt. Die 6000 auf dem Alexanderplatz applaudieren. Und der Applaus schwillt noch an als Steinbrück seine „Vision für Deutschland“ verrät: „Ich stelle mir ein Land vor, das wirtschaftlich stärker ist, weil es sozial gerechter ist. Es darf nicht entscheidend sein, wo Du herkommst, sondern wohin Du willst.“
Dafür allerdings kommt es am Sonntag auf die Wähler an. Und deshalb wendet sich Peer Steinbrück zum Schluss nochmal direkt an sein Publikum. „Jeder von Ihnen kann dazu beitragen, diese Gesellschaft friedfertig zu halten“, sagt er. „Deshalb gehen Sie bitte wählen – am besten mit beiden Stimmen für die SPD.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.