Parteileben

Gabriel: „Es lohnt sich wählen zu gehen!“

von Thomas Horsmann · 21. September 2014

Christian Ude, Spitzenkandidat der bayerischen SPD, und SPD-Chef Sigmar Gabriel haben in Augsburg den Schlussspurt im Wahlkampf eingeläutet. Sie riefen zur Abwahl der CSU in Bayern und der schwarz-gelben Koalition in Berlin auf. Das könne aber nur bei einer großen Wahlbeteiligung gelingen. „Die Wahl wird entschieden von denen, die zur Wahl gehen“, sagte Gabriel.

Das große Augsburger Volksfest „Plärrer“ war bereits am Sonntag zu Ende gegangen. Dennoch tobte am Dienstagabend das vollbesetzte Festzelt. Die Blaskapelle spielte den Bayerischen Defiliermarsch, zweitausend Besucher jubelten und stimmten „Ude, Ude“-Sprechchöre an, rote Fahnen und runde Schilder mit der Aufschrift „Genau! Ude.“ beherrschten die Szenerie. Ein begeisterter Empfang für den Hoffnungsträger der bayerischen SPD, Christian Ude, und Parteichef Sigmar Gabriel.

Die SPD hatte zur Großkundgebung eingeladen, um den Endspurt im Wahlkampf zu starten. Gabriel trat zuerst ans Rednerpult: „’Grüß Gott’ sagt man glaube ich bei euch“. Das Festzelt jubelte. Offenbar hatte der Niedersachse in Augsburg den richtigen Ton getroffen. „Bayern braucht den Wechsel“ – das Festzelt tobte.

„Merkel weiß nicht, was los ist“

Zunächst ging Gabriel auf den jüngsten Fernsehauftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der ARD-Wahlarena ein. Dort hatte ein Betriebsrat aus Sachsen ihr berichtet, dass er seit zehn Jahren Leiharbeiter bei derselben Firma sei, gemeinsam mit 300 anderen. Das habe Merkel in der Sendung als krassen Ausnahmefall abgetan, so Gabriel. Dabei komme so etwas oft vor. „Merkel weiß nicht, was los ist“, empörte sich der SPD-Chef. Diese Aussage kam im Festzelt gut an.  

Weitere Themen aus der Arbeitswelt folgten. Gabriel berichtete von Menschen, die trotz Vollzeitarbeit, Hilfe vom Sozialamt benötigten. „Was für eine Schande für unser Land!“ Er forderte mehr Tarifbindung, Mindestlohn und gleiche Löhne für gleiche Arbeit. Er geißelte die Unsitte der Werkverträge, die sich immer mehr verbreite und die Beschäftigten zu Sklaven mache. Schon fünfzig Prozent der Arbeitsplätze seien befristet. All dies werde die SPD ändern, verkündete der SPD-Chef. Er forderte: „Steinbrück muss Kanzler werden“, was die Zuhörer mit begeistertem Jubel quittierten. So ging es weiter durch die zentralen Themen des Wahlprogramms der Sozialdemokraten.

Gabriel schließt Große Koalition aus

Der SPD-Chef bekannte sich zu einer Koalition mit den Grünen und schloss eine Große Koalition aus. Die Linke sei für eine Regierung nicht geeignet. Das seien alles gute Gründe, um zur Wahl zu gehen und Peer Steinbrück und die SPD zu wählen. „Es lohnt sich wählen zu gehen!“ rief Gabriel. Und: „Geht raus und redet mit denen, die nicht zur Wahl gehen wollen“, schließlich komme ein besseres Land nicht von allein.

Zum Schluss ging Gabriel noch einmal auf Bayern und Christian Ude ein. „Die Menschen in Bayern haben einen Ministerpräsidenten verdient, dem es um die Sache geht – und nicht nur um den Machterhalt“, sagte er. Ude werde einen Ministerpräsident sein, der Schluss mache mit Selbstbedienungsmentalität und Vetternwirtschaft, ein Ministerpräsident ohne Skandale und Affären. „Einen politischen Neustart in Bayern gibt es nur mit Christian Ude“, schloss Gabriel.

„Ude, Ude“-Sprechchöre

Als Ude die Bühne betrat, wurde er sogar noch einen Tick begeisterter begrüßt als sein Parteichef. „Ude, Ude“-Sprechchöre freuten den Herausforderer von CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer sichtlich. Das Festzelt tobte, als Ude schlicht sagte: „Ich möchte Ministerpräsident des Freistaats werden.“ Bayern sei kein Eigentum der CSU. Dass das Land so schön sei, sei „kein Verdienst der Christsozialen, sondern unseres Herrgotts“. Die CSU sei lediglich für die Regierung verantwortlich – und da könne die SPD einiges besser machen.

Ude geißelte den Milliarden-Skandal um die bayrische Landesbank, der die Steuerzahler zehn Milliarden Euro gekostet habe. Er kritisierte die Finanzpolitik der CSU-Regierung, die in den letzten fünf Jahren zu rund zehn Milliarden Euro mehr Schulden geführt habe. So ging es weiter. In einem großen Rundumschlag zeigte Ude die Fehler der CSU-Regierung auf, vom umstrittenen Verkauf der Bayern Werke über die verschlafene Energiewende und den Atomausstieg, die Privatisierung von Wohnungen bis zum „Murks“ in der Bildungspolitik.

SPD gegen Pkw-Maut

Zum Schluss wandte sich Ude noch gegen die Pkw-Maut für Ausländer, die Seehofer unermüdlich bewirbt. Das sei eine „Wahlkampfgranate“, die jedes Jahr im August auftauche. Laut EU-Recht könne es aber keine Maut für EU-Ausländer geben, das wäre eine unerlaubte Diskriminierung. Wenn sie dennoch eingeführt würde, würde sie somit auch für Deutsche gelten – deshalb sie die SPD strikt gegen die Pkw-Maut.

Die SPD sei die bestvorbereitete Opposition die es je gab. Nun gelte es nach 56 Jahren Dauerherrschaft der CSU einen demokratischen Machtwechsel in Bayern herbeizuführen. „Nutzen Sie Ihre Chance“, rief Ude der begeisterten Menge zu.   

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Thomas Horsmann

ist freier Journalist und Redakteur.

 

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