Parteileben

Für ein besseres Europa

von Marisa Strobel · 26. April 2014

Die Jusos starten an diesem Wochenende mit einem Europakongress in die heiße Wahlkampfphase. Dazu haben sie Genossinnen und Genossen aus ganz Europa eingeladen, um in Workshops zentrale Aspekte Europas zu diskutieren. Schon die Auftaktveranstaltung am Freitagabend wies auf die prekäre Situation vieler europäischer Jugendlicher hin, Thema der Diskussion: „Hat die Jugend einen Platz in Europa?“

„Wir müssen deutlich machen, dass Europa eine ganze Generation verlieren wird, wenn wir nicht endlich die katastrophale Jugendarbeitslosigkeit ernst nehmen!“, warnt die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann gleich zu Beginn des Abends. Sie fordert: „Wir müssen die Europäische Union sozialer, demokratischer und offener gestalten."

In ihrem Eingangsstatement macht Uekermann zudem deutlich, welche historische Bedeutung die Europawahl habe. „Erstmals wird der Präsident der Europäischen Kommission nicht im Hinterzimmer, sondern durch das europäische Parlament bestimmt. Deshalb: Geh wählen! Wähle dein Europa, wie du es haben willst!“, erläutert die junge Sozialdemokratin den Kampagnentitel „Dein Europa wählen“ der Jusos. 

Jungen Menschen eine Perspektive geben

Für ihren dreitätigen Kongress im Willy-Brandt-Haus in Berlin haben die Jusos Genossinnen und Genossen aus ganz Europa eingeladen. Diskutiert wird an diesem Abend auf Englisch. Die internationale Ausrichtung der Veranstaltung ist bewusst getroffen. „Wir wollen zeigen: Dies ist eine Europawahl und keine nationale Wahl!“, so Uekermann. Diskussionsteilnehmerin Laura Slimani, Vorsitzende des Mouvement des Jeunes Socialistes (MJS), hält diese Entscheidung für richtig und verdeutlicht dies an einem Beispiel: „Ich sehe nicht, warum wir unterscheiden sollten zwischen einem deutschen Mini-Jobber und einer französischen Praktikantin ohne Bezahlung. Das hängt alles zusammen.“ Um gegen diese prekären Arbeitsbedingungen vorzugehen, fordern die Sozialdemokraten deshalb die Einführung eines europaweiten Mindestlohns. 

In vielen Ländern fehlen jedoch Jobs, mit denen junge Menschen überhaupt Geld verdienen können. „Viele junge Menschen fragen sich: Warum sollte ich wählen gehen? Was tut Europa eigentlich für mich?“, berichtet Slimani. „Wir müssen ihnen Argumente aufzeigen. Wenn wir Jobs für junge Menschen schaffen, dann sind diese auch bereit, für Europa zu kämpfen“, zeigt sich Slimani überzeugt.

Mehr investieren in Europa

Gerade hier offenbart sich ein wesentlicher Unterschied zwischen Sozialdemokraten und Konservativen. „Die Konservativen glauben nicht daran, dass man die Einkommensseite erhöhen muss, um aus der Krise zu kommen“, kritisiert Jan Kreuz von der Party of European Socialists (PES). Dabei sei Wirtschaftswachstum dringend nötig, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. „Wir wollen nicht mehr Geld ausgeben, wir wollen es nur richtig ausgeben, für die richtigen Werkzeuge“, stellt Kreuz dabei klar. Er plädiert deshalb für ein progressiveres Steuersystem, in dem Reiche mehr zahlen. Und er drängt auf eine Reindustrialisierung Europas. „Wenn wir gewinnen, haben wir endlich die Chance, in Europa wirklich etwas zu verändern und die EU sozialer zu gestalten“, betont der Koordinator der PES.

Jugendlichen wieder eine Perspektive bieten und Europa zugleich sozialer gestalten, das ist auch Ziel der Grünen. Die Federation of Young European Greens (FYEG) geht in Sachen Arbeitsbedingungen sogar noch einige Schritte weiter als die Sozialdemokraten und fordert zusätzlich ein Grundeinkommen sowie einen „Maximallohn“. „Die hohen Bonuszahlungen verleiten Leute dazu, habgierige Entscheidungen zu treffen“, erklärt der Co-Spokesman der FYEG, Michael Bloss.

„Europa ist die einzige Lösung“

Als einzige überparteiliche Vertreterin ist an diesem Abend Linne Selle von den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) anwesend. Die Bundessekretärin der JEF betont: „Für uns ist es sehr wichtig klarzumachen, dass Europa die einzige Lösung ist.“ Allerdings müssten die Strukturen verändert werden: „Wir brauchen ein echtes europäisches Budget, eine Art deutschen Länderfinanzausgleich.“ Nur so könnte aus Europa ein starkes Europa werden. 

Unterschiedliche Positionen wurden an diesem Abend vor allem bei einem Thema deutlich: dem deutschen Ausbildungsprogramm „MobiPro-EU“, das sich an junge, südeuropäische Arbeitssuchende richtet. Während Uekermann, Kreutz und auch der Grünen-Politiker Bloss das Programm unterstützen, lehnt Slimani die Maßnahme ab: „Das Problem solcher Programme ist, dass sie die Leute aus ihrer Heimat locken. Sie kommen, weil sie eine Perspektive brauchen. Aber jeder sollte selbst entscheiden dürfen, wo er leben will“, kritisiert Slimani.  

„Wir dürfen die Wähler nicht enttäuschen

In einem aber sind sich alle einig: Nur ein starkes, ein demokratisches Europa ist die Lösung, um den Bürgern, vor allem aber den jungen Menschen Europas, wieder eine Perspektive zu geben. „Wir müssen zusammen uns stark machen gegen die Sparpolitik, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und eine bessere Zukunft zu gestalten“, fordert Slimani. Innerparteilich aber warnt sie: „Wir haben die Wähler in der Vergangenheit zu oft enttäuscht. Das darf nicht wieder passieren. Sollten wir gewählt werden, wäre es sonst das letzte Mal, das wir die Chance hätten, etwas zu verändern.“

Dass der sozialdemokratische Weg der richtige ist, davon ist Uekermann überzeugt: „Ich bin eine überzeugte Europäerin, denn ich bin eine überzeugte Sozialdemokratin“, sagt sie und ergänzt: „Ich hoffe, diese Wahl ist nur ein Schritt von vielen zu einem besseren Europa!“

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Autor*in
Marisa Strobel

ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2013 hat sie beim vorwärts volontiert.

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