Parteileben

Franziska Drohsel: Von Koalition aus CDU und AfD kalt gestellt

Franziska Drohsel ist nicht die erste Politikerin, die von der eigenen Vergangenheit wieder eingeholt wird. Der CDU ist sie offenbar solch ein Dorn im Auge, dass sie auch vor der Kooperation mit der AfD nicht zurückschreckt.
von Robert Kiesel · 15. November 2016
Franziska Drohsel
Franziska Drohsel

Wie schnell sich die Dinge ändern: Noch zwei Wochen vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus erklärte Kai Wegner, Generalsekretär der Berliner CDU: „Mit einer Partei, die auf Flüchtlinge schießen will und Rassisten in ihren Reihen duldet, kann es keine Zusammenarbeit geben.“ Keine drei Monate später steht fest: Die auch vom scheidenden Berliner Innensenator Frank Henkel getätigte Absage an eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD war das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurde. Enttarnt wurden beide durch die Stadtratswahlen im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf.

Drohsel scheitert an Koalition aus AfD und CDU

Was war passiert? Die SPD Steglitz-Zehlendorf hatte Franziska Drohsel, ehemalige Bundesvorsitzende der Jusos, als Bezirksstadträtin für Jugend, Gesundheit und Integration aufgestellt. Eine aussichtsreiche Kandidatin, schließlich ist die 36-jährige Rechtsanwältin seit knapp 20 Jahren im Bezirk politisch aktiv, seit April 2012 ist sie stellvertretende Vorsitzende der SPD Steglitz-Zehlendorf. Doch die Sache ging schief, 30 von 55 Abgeordneten der Bezirksverordnetenversammlung votierten gegen Drohsel. Beobachter sind sich einig: Drohsel scheiterte an einer Koalition aus CDU, FDP und AfD, weil sie für deren Mitglieder aufgrund ihrer politischen Vergangenheit ein rotes Tuch ist.

Tatsächlich dürfte es Drohsels 2007 niedergelegte Mitgliedschaft in der „Roten Hilfe“ sein, die neun Jahre später ihre Wahl zur Stadträtin verhinderte. Darauf lassen Aussagen aus den Reihen der CDU schließen. Allen voran deren Fraktionschef Torsten Hippe hatte bereits vor der Wahl Zweifel an Drohsels „Eignung für ein Beamten-Amt“ lanciert und diese mit ihrer früheren Mitgliedschaft in der „Roten Hilfe“ begründet. Der Verein wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet, ihre Mitgliedszahl auf 7000 Menschen geschätzt. „Sie (die Rote Hilfe, Anm. d. Red.) leistet Straf- und Gewalttätern aus dem linksextremen Spektrum politische und finanzielle Unterstützung ... und versucht, die Sicherheits- und Justizbehörden sowie die rechtsstaatliche Demokratie zu diskreditieren“, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2015.

Torsten Hippe: Umstrittener Rechtsausleger

Dass es ausgerechnet Hippe war, der Drohsels Vergangenheit dazu nutzte, zusammen mit AfD und FDP deren Wahl zu verhindern, sorgt auf bei der SPD für Entrüstung. Landesgeschäftsführer Dennis Buchner, der die Nichtwahl Drohsels „beschämend“ nannte, warf der CDU vor, Absprachen mit der AfD zur Verhinderung der Wahl Drohsels getätigt zu haben. „Kein Wunder, wenn der Fraktionsvorsitzende der CDU in Steglitz-Zehlendorf seit Jahren am äußersten rechten Rand agiert“, so Buchner weiter.

Torsten Hippe hat in der Tat bereits seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem politischen Extremismus gemacht. Im Jahr 2005 hatte Hippe anlässlich einer Debatte zum Gedenken anlässlich des 8. Mai gesagt, er könne inhaltliche Überschneidungen zu Aussagen der NPD nicht generell ausschließen. Die Äußerung brachte Hippe ein Parteiausschlussverfahren ein, das noch Jahre danach für juristische Auseinandersetzungen innerhalb der CDU Steglitz-Zehlendorf sorgte. Hippe blieb.

Drohsel steht zur früheren Mitgliedschaft in der „Roten Hilfe“

Franziska Drohsel wiederum, der nach dem gescheiterten Wahlgang Bedenkzeit gegeben worden war, erklärte am Freitag ihren Verzicht auf das Amt der Stadträtin in Steglitz-Zehlendorf. „Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, Mitglied in einer linken Selbsthilfeorganisation gewesen zu sein. Vielleicht wird die SPD eines Tages selber wieder zu einer“, so Drohsel auf Facebook. In einer bereits am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung erklärte die „Rote Hilfe“ ihre Solidarität mit Franziska Drohsel. Überschrieben war die Mitteilung mit dem Statement: „Strömungsübergreifende Solidarität ist notwendig, nicht kriminell!“

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare