Franz H. Berger: Visionärer Wetterfrosch für Ost-Brandenburg
Wirklich harmonisch ist das Verhältnis zwischen Berlinern und Brandenburgern nur selten. Während erstere das Umland gern als Ausflugsziel nutzen, noch lieber aber über die dort lebenden „Dörfler“ lästern, fühlen sich Brandenburger von den Großstädtern oft nicht ernst genommen – sicher nicht ganz zu Unrecht.
Berlin wird das neue Brandenburg – und umgekehrt
So gesehen gibt es für die knapp 200.000 Wahlberechtigten im Wahlkreis 63 (Frankfurt (Oder) und Landkreis Oder-Spree) keinen besseren Bewerber, als Franz H. Berger. Die „Magnetwirkung Berlins umkehren“ und so der „geilen und tollen Gegend“ im Osten Brandenburgs die Geltung verschaffen, die ihr gebührt, beschreibt Berger als seine Vision für die Region und deren Bewohner. „Visionen müssen am Anfang stehen, auch wenn der Weg zum Ziel vielfältig sein kann“, sagt Berger all jenen, die ihn seiner Pläne wegen als „alten Spinner“ bezeichnen. „Das Reiben an der Idee ist doch gerade das Reizvolle“, ergänzt er: „Stillstand ist der Tod, Visionen statt Kompromisse.“
Die direkte Art, die Dinge beim Namen zu nennen, passt zu Franz H. Berger – dem aus Graz stammenden politischen Quereinsteiger, der sich selbst durchaus humorvoll als „Wetterfrosch“ bezeichnet, tatsächlich aber mit dem Meteorologischen Observatorium in Lindenberg eine Forschungseinrichtung von Weltruf leitet. Seit mehr als 100 Jahren werden dort physikalische Prozesse für Wetter- und Klimamodelle erforscht. Berger übernahm die Leitung im Jahr 2004. Seitdem lebt er, der zuvor in Berlin, Geesthacht und Dresden gearbeitet hatte, in der „vergessenen Gegend“ zwischen Hauptstadt und polnischer Grenze.
Politische Karriere: „Von 0 auf Kreistagsvorsitz“
In die SPD trat Berger 2007 ein. Als Auslöser nennt er eine Anfrage des heutigen brandenburgischen Landwirtschaftsministers Jörg Vogelsänger, der bei der Bundestagswahl 2009 im Wahlkreis 63 angetreten war. Vogelsänger scheiterte damals mit 28,5 Prozent der Stimmen an Thomas Nord, dem Direktkandidaten der Linken, der auch in diesem Jahr wieder antreten wird. Für Berger wiederum ist es die erste Mitgliedschaft in einer Partei überhaupt, auch wenn er sich der österreichischen Schwesterpartei der SPD, der SPÖ, schon immer nahe gefühlt habe. Jedoch, auch das sagt der heute 55-Jährige ganz offen, hätte er als Forscher frei sein wollen von „politischen Zwängen“.
Während sich das politische Engagement Bergers zunächst weitestgehend auf die Mitgliedschaft in der SPD beschränkte, startete der Naturwissenschaftler 2014 voll durch. Als nach der Kommunalwahl ein Präsident für den Kreistag Oder-Spree gesucht wurde, griff Berger zu. „Von 0 auf Kreistagsvorsitz“, sagt Berger heute, scheinbar selbst überrascht, wie schnell plötzlich alles ging.
Bergers Motto: „No risk, no fun“
Nun also der Bundestag: „Ich will da rein! Es ist ein enormer Reiz, gestalten zu können“, antwortet Berger auf die Frage „Warum diese Kandidatur?“. Dass es Quereinsteigern wie ihm in der Partei nicht immer leicht gemacht würde, räumt Berger - wenn auch zögerlich - ein. Das Gefühl, „kritisch beäugt“ zu werden, habe er mehrfach gehabt. Auch Vorbehalten seien hier und da zu spüren gewesen. Dennoch setzte sich Berger bei der Wahl des Direktkandidaten für den Wahlkreis durch, in der Liste der SPD-Brandenburg für die Bundestagswahl 2017 landete Berger auf Platz 14. Aktuell sitzen fünf Sozialdemokraten aus Brandenburg im Bundestag, vier davon zogen über die Liste ein.
Ob es Berger gelingt, sich im Wahlkreis gegen die erfahrenen Konkurrenten aus den Reihen der Linken und der CDU durchzusetzen, ist offen. Seinen Wählern verspricht er, ihnen zuzuhören, ihre Probleme ernst zu nehmen, für sie da zu sein. Als wichtigste Themen nennt er den Ausbau der digitalen Infrastruktur, den Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge, innovative Lösungen für den öffentlichen Personennahverkehr. Für eine Region, in der sich viele als abgehängt betrachten, könnte der unkonventionelle Berger genau der richtige Mann sein. Sein Motto für Ostbrandenburg lautet: „No risk, no fun“.