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Frank Ullrich: Ein Olympiasieger will für die SPD in den Bundestag

Bei der Landtagswahl in Thüringen 2019 fehlten Frank Ullrich 0,9 Prozentpunkte zum Sieg. Diesmal soll es anders sein. Der Neu-Genosse besitzt den sportlichen Ehrgeiz, seinen Bundestagswahlkreis direkt zu gewinnen. Denn der frühere Biathlet weiß, wie es ist, die Ziellinie als Erster zu überqueren
von Jonas Jordan · 13. April 2021
SPD-Neumitglied Frank Ullrich bei seinem ersten Besuch vor dem Willy-Brandt-Haus.
SPD-Neumitglied Frank Ullrich bei seinem ersten Besuch vor dem Willy-Brandt-Haus.

Neunmal Weltmeister, einmal Olympiasieger, viermal Gesamtweltcupsieger – im Biathlon hat Frank Ullrich als Spitzensportler der damaligen DDR so viel erreicht, dass vor wenigen Jahren in seiner Heimatstadt Trusetal sogar eine Straße nach ihm benannt wurde: der Frank-Ullrich-Weg. In der Politik ist der Thüringer Neuling und hat sich dennoch viel vorgenommen. Der 63-Jährige will den Wahlkreis Suhl – Schmalkalden-Meiningen – Hildburghausen – Sonneberg direkt gewinnen und in den Bundestag einziehen. Dabei könnte er es mit dem früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen als CDU-Kandidaten zu tun bekommen.

Schon sein Opa war Sozialdemokrat

Politisch geprägt wurde Ullrich durch seinen Opa. „Er war ein alter Sozialdemokrat und hat mir diese Werte mitgegeben“, berichtet er. Erstmals in Berührung mit der Sozialdemokratie kam er im Juni 2010. Da nahm Ullrich als Wahlmann für die SPD an der Bundesversammlung teil. „Damals habe ich schon gespürt: Wenn, kann es für mich nur die SPD sein.“ 

Einige Jahre später wurde er für die SPD Stadtrat im südthüringischen Suhl. „Ich habe einen kleinen Sprachfehler“, berichtet Ullrich schmunzelnd, „am Ende kann ich nicht Nein sagen.“ 2019 sprach ihn Christoph Zimmermann, SPD-Kreisvorsitzender in Schmalkalden-Meiningen, an, ob er sich eine Kandidatur für den Landtag vorstellen könne. „Dann sind wir losmarschiert. Es war für mich eine so tolle Herausforderung, auch mit über 60 Jahren vieles noch einmal lernen zu dürfen“, berichtet er. 

Mehr als 600 Plakate selbst aufgehängt

Ullrich packte an, hängte 80 Prozent seiner rund 800 Plakate selbst auf. „Das war mir ein großes Bedürfnis, weil ich so mit Menschen auf der Straße diskutieren konnte“, sagt er. Mit den „einfachen Leuten“ ins Gespräch kommen, auch mal am Biertisch diskutieren. Ein Ansatz, mit dem er im Wahlkampf auch AfD-Sympathisanten davon überzeugte, stattdessen lieber ihn zu wählen. Am Ende lag er dennoch 0,9 Prozent hinter dem AfD-Bewerber, der Einzug in den Landtag scheiterte knapp. Auch wenn das schmerzte, zeigte sich Ullrich sportlich fair, gratulierte dem Sieger per Handschlag.

Die knappe Niederlage war für ihn zusätzliche Motivation. In diesem Jahr will er es noch einmal wissen. Nach der kommunalen und der Landesebene hat sich Ullrich nun die Bundesebene vorgenommen. Ähnlich der Karriere eines Sportlers, die mit der Ortsmeisterschaft startet, und irgendwann kommt der Olympiasieg. Bei ihm war es 1980 in Lake Placid nach einer starken Laufleistung im Sprint soweit.

Autogramme auf Gipsarmen

Mehr als 40 Jahre später gleitet Ullrich noch immer mit Leidenschaft auf Langlaufskiern über die Thüringer Höhen. Mit seinen 63 Jahren kommt der frühere Biathlet und langjährige Bundestrainer fitter daher als manch einer mit Mitte 40. Im Landtagswahlkampf radelte er mit Georg Maier durch den Thüringer Wald. Nicht nur deswegen hält er viel vom neuen SPD-Landesvorsitzenden. Maiers Ansatz, Probleme intern anzusprechen und sich nach außen solidarisch zu zeigen, überzeugte Ullrich, Anfang 2021 in die SPD einzutreten, nachdem er zuvor als parteiloser Bewerber angetreten war.

Er ist zwar neu in der Partei. Doch bekannt machen muss sich Ullrich nicht. Seine Popularität ist groß. Vor zwei Jahren gab er im Wahlkampf Autogramme auf Gipsarmen, wie Matthias Hey, SPD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, voller Bewunderung berichtete. Auch diesmal schickten ihn seine Genossen mit großer Unterstützung auf den Weg Richtung Berlin – 100 Prozent Zustimmung erhielt Ullrich auf der Nominierungsversammlung am 19. März.

Im Duell mit Maaßen statt Hauptmann

Entsprechend optimistisch startet er seine Vorbereitung auf den großen Wettkampftag am 26. September. „Ich gehe ins Rennen um das Direktmandat und kämpfe bis zur Ziellinie. Ich gehe auch offensiv damit um, aber man darf nicht überheblich werden. Auch als Sportler habe ich immer gesagt: Wenn du auf dem Siegerpodest warst, gehe so schnell wie möglich wieder runter und erde dich.“ 

Ein potenzieller Konkurrent ist bereits aus dem Rennen. Der CDU-Abgeordnete Mark Hauptmann, der den Wahlkreis bislang im Bundestag vertrat, trat im Zuge der Maskenaffäre zurück. Ullrich sagt: „Ich möchte daraus kein Kapital schlagen. Ich hätte mich gerne mit ihm auf Augenhöhe auseinandergesetzt. Dass es jetzt so gekommen ist, finde ich schade, weil das auf die Glaubwürdigkeit aller Parteien ausstrahlt.“

Statt Hauptmann hat nun der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die politische Bühne in Thüringen betreten. Er soll mutmaßlich für die CDU an den Start gehen. Frank Ullrich möchte sich gar nicht zu sehr mit dieser Personalie beschäftigen, die sich Mitte April allmählich abzeichnet. „Es ist wie im Sport: Konkurrenz belebt das Geschäft. Ich finde es allerdings schade, dass es die CDU nicht schafft, einen einheimiscehn Kandidaten aufzustellen“, sagt Ullrich. Unabhängig von Maaßens Kandidatur geht er von einem spannenden Wahlkampf aus und erwartet einen Vierkampf mit den Kandidaten von CDU, AfD und den Linken. „Die Motivation, den Wahlkreis direkt zu gewinnen, habe ich so oder so. Hier leben viele Menschen, denen ich viel zu verdanken habe. Denen möchte ich etwas zurückgeben.“

Ullrich will, wenn er am 26. September gewählt wird, mehr Sport in die Bundespolitik bringen, mit Blick auf einen fairen Konkurrenzkampf, aber auch in vielen Politikfeldern. Nachhaltigkeit, die demografische Entwicklung im ländlichen Raum, Tourismus, Infrastruktur, Gesundheit – all das leitet er aus dem Sport ab und sagt: „Der Sport ist nicht das Problem, sondern der Sport ist die Lösung, gerade in der jetzigen Phase.“ 

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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