Fisch, Pudding und Muffins: So köstlich kann SPD-Wahlkampf sein
28 Jahre lang war Uwe Schmidt Hafenarbeiter in Bremerhaven, ehe er 2017 erstmals für die SPD in den Bundestag einzog. Nun möchte er wiedergewählt werden. Denn seit 1949 hat die SPD seinen Wahlkreis „Bremen II – Bremerhaven“ immer direkt gewonnen. Damit das diesmal wieder klappt, dafür hat sich der 55-Jährige etwas Besonderes ausgedacht. Er verteilt Fischdosen mit seinem Konterfei, Heringsfilets in roter Sauce. „Was könnte besser zu einem Hafenarbeiter wie mir passen?“, fragt Schmidt im Gespräch mit dem „vorwärts“.
Kochen mit Schmidt
Die Dosen verteilt er an Infoständen, auf Wochenmärkten oder am Hafen. Die Reaktionen seien ausschließlich positiv. „Die Leute freuen sich alle“, sagt Schmidt und berichtet von einem kuriosen Erlebnis bei einer Verteilaktion: „Eine Frau hat eine von unseren Tüten mitgenommen. Ein paar Meter weiter rief sie laut: Betrug! Da ist ja gar kein Fisch drin. Der war an dem Tag leider schon aus.“ Der Fisch stehe symbolisch für die Arbeiterstadt Bremerhaven, die einst den größten Fischereihafen der Welt beherbergte. „Es muss nicht immer Kaviar sein“, sagt Schmidt, der außerdem auch Honig und Johannisbeermarmelade verteilt.
In den kommenden Wochen wartet der Bremer SPD-Abgeordnete zudem noch mit einer besonderen Veranstaltung auf: Am Freitag, 10. September um 18 Uhr, lädt er Wähler*innen im Seefischkochstudio in Bremerhaven zum gemeinsamen Kochen ein. „Ich koche für Sie mein Lieblingsgericht Bouillabaisse. Dabei haben wir Zeit für einen Schnack über die Bedeutung der Fischerei für Bremerhaven, gesunde und nachhaltige Ernährung, faire Lebensmittelpreise und umweltschonende Landwirtschaft“, schreibt Schmidt in der Ankündigung für die Veranstaltung, für die sich Menschen aus seinem Wahlkreis bewerben können.
Die Stadt mit dem Pudding
Wiebke Esdar kommt aus Bielefeld. Seit 2017 vertritt sie die ostwestfälische Stadt als direkt gewählte SPD-Abgeordnete im Bundestag. Bekannt ist Bielefeld unter anderem für Pudding. Das macht Esdar nun auch auf ihren Wahlplakaten deutlich. Und zwar zweiteilig, versehen mit der Überschrift „Zwei Bielefelder Originale“. Das obere Plakat zeigt einen Vanillepudding mit der Erklärung: „Pudding. Wackelt seit 1894.“ Darunter hängt ein zweites Plakat mit einer lächelnden Wiebke Esdar und der Auflösung „Standhaft seit 1984. Das Bielefelder Original für dich im Bundestag.“
Mit den Plakaten warb Esdar für ihre Tour „Einmal um den Pudding“. Die Redewendung „Einmal um den Pudding gehen“ besagt, dass man eine kleine Runde um den Block oder einen kleinen Spaziergang macht und geht der Legende nach auf einen Mitarbeiter des Bielefelder Konzerns Dr. Oetker zurück. Passend also, dass sich Esdar unter diesem Motto gemeinsam mit Bürger*innen ein Wochenende lang auf ihre Tour durch alle Stadtbezirke aufmachte.
Backen auf sächsisch
Während Schmidt und Esdar dem Bundestag bereits seit vier Jahren angehören, bewirbt sich Rasha Nasr erstmals um ein Mandat. Sie kandidiert auf Platz vier der Landesliste der sächsischen SPD. Aufgrund des jüngsten Umfrageaufschwungs der Sozialdemokrat*innen hat sie laut dem Meinungsforschungsinstitut INSA aber auch gute Chancen, ihren Dresdner Wahlkreis direkt zu gewinnen. Das größte Hobby der sächsischen Jungsozialistin ist backen. „Backen ist ein bisschen wie Politik. Man braucht die richtigen Zutaten, die richtigen Mengen und ganz viel Geduld. Dann kann am Ende was richtig Schönes rauskommen“, sagt sie in ihrem Vorstellungsvideo.
Im Wahlkampf bringt sie nun ihre beiden Leidenschaften – Politik und Backen – mit dem Titel „Cupcake Politics“ zusammen. So will sie den Wähler*innen in Dresden die „Rezepte der SPD für ein solidarisches Deutschland“ vermitteln. Die gesammelten Rezepte gibt es in ihrem Backbuch, zum Beispiel präsentiert Nasr dort das Rezept für eine selbstbewusste und weltoffene Gesellschaft. Der passende Cupcake besteht aus einem rot gefärbten Schoko-Muffin, einer Schweizer Buttercreme mit Nuss-Nougat-Creme als Topping und als Finish ein „Fight-Racism-Cookie“. Sozialdemokratische Politik dürfte selten süßer geschmeckt haben.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo