Parteileben

Feiertag für Freiheit und Demokratie

von Yvonne Holl · 23. Mai 2013

1600 Gäste feierten am Donnerstag in Leipzig das 150-jährige SPD-Jubiläum. Bundespräsident Gauck würdigte mutige Sozialdemokraten, Frankreichs Staatspräsident Hollande betonte die Strahlkraft sozialdemokratischer Ideen für Europa – und Parteichef Gabriel sprach vom Rückgrat der deutschen Demokratie

Blauer Himmel begrüßte in Leipzig die Gäste des Festaktes zum 150-jährigen Bestehen der SPD. 1600 Männer und Frauen aus mehr als 80 Ländern waren ins Gewandhaus gekommen, um die Geburtsstunde der Sozialdemokratie zu feiern. Am 23. Mai 1863 gründete Ferdinand Lassalle im Leipziger Pantheon mit Gleichgesinnten den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV), die Vorläuferorganisation der SPD.
 
150 Jahre später waren Sozialdemokraten aus der ganzen Welt angereist und prominente Gäste zum Gratulieren erschienen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war ebenso in Leipzig wie Bundespräsident Joachim Gauck (parteilos) und Frankreichs sozialistischer Staatschef Francois Hollande.

Iris Berben zitiert Marie Juchacz

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin und stellvertretende Parteivorsitzende Hannelore Kraft begrüßte die Gäste im großen Saal, in dem Besucher sonst Konzerten lauschen. Die Sozialdemokratie kämpfe seit 150 Jahren „für eine soziale, gerechtere Gesellschaft, für Fortschritt und Zivilisation“, sagte Kraft. Heute gelte es „manche Errungenschaft zu verteidigen, andere erst noch zu erkämpfen“. Kraft betonte, dies könne nur im Miteinander geschehen und nannte befreundete Organisationen wie die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Naturfreunde und Gewerkschaften.
 
Durch die bewegte Parteigeschichte von Leipzig 1863 bis Leipzig 2013 führten Fotografien auf einer Großleinwand auf der Bühne – und zwei Schauspieler. Iris Berben und David Kross schlüpften leidenschaftlich und bewegend in die Rollen von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus verschiedenen Zeiten. So wurde Kross zum Gründervater Ferdinand Lassalle und Berben zitierte aus einer Rede der Frauenrechtlerin und AWO-Gründerin  Marie Juchacz.
 
Gauck: „viel riskiert“

Eindringlich war die Rede des Bundespräsidenten, der festhielt:  „Dies ist ein Feiertag für die älteste Partei in Deutschland. Es ist auch ein Feiertag des europäischen Ringens um Freiheit und Demokratie.“ Gauck stellte den Kampf der Partei für die Rechte von Arbeitern heraus sowie den Kampf gegen Faschismus. „Mutige Sozialdemokraten“ hätten „mit unerschütterlicher Konsequenz viel riskiert“, Aufstieg, Anerkennung, Existenz – und manche ihr Leben. Das Kernthema der Sozialdemokratie sei über 150 Jahre das gleiche geblieben: die solidarische Gesellschaft und die sich beständig verbessernde Demokratie.

Den Beitrag der deutschen Sozialdemokratie für die Demokratie in Europa strich Francois Hollande heraus. Der französische Staatspräsident nannte das Parteijubiläum ein „beträchtliches Ereignis mit großer Tragweite für Europa“. Er betonte die Rolle der SPD während des NS-Regimes, sprach über Otto Wels, den damaligen SPD-Vorsitzenden, der sich 1933 in einer herausragenden Rede gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stellte. „Im Namen der Menschlichkeit“, wie Hollande betonte. Für den Staatspräsidenten besonders wichtig: „Die SPD leistete Widerstand gegen die Nazis ohne aufzuhören, ihrem Land zu dienen“.
 
Hollande nannte moderne Errungenschaften, insbesondere Rechte für Arbeitnehmer wie das auf Krankenversicherung und Mitbestimmung, die der deutschen Sozialdemokratie zu verdanken seien und sich auf dem europäischen Festland rasch ausgebreitet hätten.
 
Hollande lobt Agenda 2010

Explizit lobte er den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dessen Reformpolitik rund um die Agenda 2010. Sie erlaube es Deutschland heute „vor anderen Ländern die Nase vorn zu haben“. Dieser Sinn für Realität präge die Sozialdemokratie und sei für Fortschritt unentbehrlich.
 
Hollande betonte die Modernität sozialdemokratischer Grundwerte: In Frankreich werde er regelmäßig auf das 1959 beschlossene Godesberger Programm angesprochen, mit der Aufforderung, ebenso reformorientierte Politik zu machen.

Zuletzt ermunterte Hollande die sozialdemokratischen Kräfte Europas, zusammenzuhalten: „Nur geeint werden die progressiven, fortschrittlichen Parteien erfolgreich sein“. Damit erinnerte er an die am Vortag gelungene Gründung der „Progressive Alliance“, einem Zusammenschluss von 80 sozialdemokratischen Parteien und Initiativen.
 
Gabriel: SPD ist Rückgrat der deutschen Demokratie

Das Schlusswort in Leipzig hatte Parteichef Sigmar Gabriel. Er erklärte: „Die SPD ist seit 150 Jahren das Rückgrat der deutschen Demokratie! Sie ist die demokratische Konstante in der deutschen Geschichte.“ Gabriel betonte den Kampf von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit. Dabei nannte er bekannte Namen wie Wilhelm Liebknecht, Otto Wels, Julius Leber, Willy Brandt, dessen Kniefall „der wohl größte Ausdruck“ der Fähigkeit von Sozialdemokraten zu Trauer und Versöhnung sei.
 
Gabriel rückte aber auch Unbekanntere ins Rampenlicht. In der ersten Reihe des Gewandhauses, zwischen Staatschefs und Parteigrößen saßen die wohl langjährigsten SPD-Mitglieder. Unter ihnen Luise Nordhold aus Ritterhude, die seit 82 Jahren SPD-Mitglied ist. „Solche treuen Mitglieder wie Euch kann keine andere Partei in Deutschland vorweisen“, sprach Gabriel die Gäste direkt an. Und: „Schön, dass ihr heute hier seid!“

Es sei die Idee von Freiheit, die früher wie heute Menschen fasziniere und bewege, in die SPD einzutreten. Der Parteivorsitzende mahnte, einige der wichtigsten Aufgaben von Politik heute sei, auch der europäischen Jugend, die stark unter den Finanzkrisen leide, wieder Chancen zu bieten. Deshalb gelte heute wie vor 150 Jahren: „Ein besseres Land kommt nicht von allein.“

Zur Bilderstrecke: Festakt zum 150. Jubiläum der SPD

Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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