Parteileben

Familie und Beruf: Die Arbeitszeit an Lebensphasen anpassen

Die Bonner Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal weiß wie sehr Frauen im Beruf eingeschränkt sind, sobald Kinder da sind. Über die Möglichkeit, Arbeitszeiten an eigene Lebensphasen anpassen zu können, berichtet sie im Interview nach der Programmkonferenz Arbeit aus dem Workshop „Zeit für Familie und Leben".
von Vera Rosigkeit · 27. Juni 2016
Jessica Rosenthal
Jessica Rosenthal

Sie haben auf der Programmkonferenz Arbeit am Workshop „Gute Arbeit verbindet – Zeit für Familie und Leben“ teilgenommen. Was verbindet Sie mit diesem Thema?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für mich von besonderer Bedeutung, weil ich bei meiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen bin. Ich habe schon früh gespürt, wie sehr man als Frau im Beruf eingeschränkt wird, sobald Kinder da sind. Es gibt weniger Entwicklungsmöglichkeiten und weniger Chancen. Schon als junge Frau habe ich darüber nachgedacht, wie ich mich beruflich positioniere, um einerseits Geld verdienen und unabhängig sein zu können, aber andererseits auch die Möglichkeit zu haben, Kinder zu bekommen. Die Frage, wie ich es schaffe, nicht in den Niedriglohnsektor abzurutschen, hat mich schon früh beschäftigt. Dieses Erleben war für mich ein wesentlicher Grund in die SPD einzutreten.

Hat die Diskussion Sie auf neue Ideen gebracht?

Die Idee der Wahlarbeitszeit, die Andrea Nahles vorgestellt hat und für die sie sich stark macht, finde ich besonders wichtig. Es muss möglich sein, Arbeitszeiten an die eigenen Lebensphasen anpassen zu können. Dass ich mehr arbeiten kann, wenn ich jung bin und weniger, wenn in der so genannten Rush-Hour des Lebens die Kinder zum Beruf hinzukommen.

Mir ist in diesem Workshop aber auch noch mal klar geworden, wie sehr meine Generation zwischen dem Wunsch nach mehr Flexibilisierung auf der einen und einem Flexibilisierungszwang auf der anderen Seite steht. Wir wollen Freizeit und Familie mit dem Beruf vereinbaren, gleichzeitig kommt jedoch vom Arbeitsmarkt auch ein Zwang nach immer mehr Flexibilisierung, der im schlimmsten Fall auch zu immer mehr Selbstausbeutung führt. Da muss es Grenzen geben. Darauf müssen wir als SPD dringend eine Antwort finden. Die sehe ich noch nicht.

Wie könnte eine Lösung aussehen?

Wichtig fand ich den Appell von Frau Glänzer, der Gewerkschafterin. Wer sich in einer Gewerkschaft oder Partei engagiert, kann auch mehr mitgestalten. Diesen Appell werde ich weitergeben, denn leider engagieren sich gerade bei den jungen Leuten viel zu wenige.

Welche Impulse nehmen Sie als Vize-Kreisvorsitzende und Juso-Chefin in Bonn mit für die Arbeit vor Ort?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Thema, auf das wir Antworten finden müssen. Auch wenn wir in Bonn im Landesvergleich schon viele Kitaplätze haben, mangelt es noch an Betreuungsmöglichkeiten bei den Unter-Drei-Jährigen. Es gibt in unserem Unterbezirk Frauen mit Kindern, die ihr Studium unterbrechen müssen, weil nicht ausreichend Kitaplätze zur Verfügung stehen. Und man konnte auch heute in der Veranstaltung sehen, dass das nicht nur ein Frauenthema ist. Damit werden wir viele Menschen erreichen, weil es ein wichtiges Thema ist. Dass es kein leichter Weg werden wird, hat Andrea Nahles selbst eingeräumt. Aber es lohnt sich, dafür zu kämpfen.

Autor*in
Avatar
Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare