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Europakongress der Jusos: „Mit Dänemark verbindet mich mehr als mit Bayern“

Was braucht das Europa von morgen? Diese Frage diskutierten die Jusos auf ihrem Europakongress in Frankfurt. „Wir werden klare sozialdemokratische Konzepte liefern“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Delara Burkhardt, die für das Europaparlament kandidiert.
von Jonas Jordan · 4. Oktober 2018
Delara Burkhardt, stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos
Delara Burkhardt, stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos

Was sind die Themen, die junge Sozialdemokraten in Europa verbinden?

Es ist ein ganz breiter Strauß an Themen, der uns beschäftigt. Besonders wichtig ist für uns die Frage der Migration. Darüber haben wir am Wochenende auch auf unserem Europakongress in Frankfurt mit Organisationen wie Pro Asyl diskutiert. Wir wollen, dass sich die Sozialdemokratie für eine humanitäre Lösung einsetzt, sowohl in Sachen Seenotrettung als auch in Bezug auf die Bekämpfung von Fluchtursachen. Das geht wiederum nur mit mehr Europa, wie zum Beispiel mit einer gemeinsamen europäischen Handelspolitik, die fair ist und auf Augenhöhe stattfindet. Grundsätzlich stellen wir uns die Frage, welche Zukunft Europa hat. Dazu gehören Investitionen in ein soziales Europa und ein Ende der Austeritätspolitik.

Die Mehrzahl der sozialdemokratischen Parteien befindet sich ein Jahr vor der Europawahl in einer tiefen Krise. Was kann die junge sozialdemokratische Antwort für Europa sein?

Das Problem ist, dass bei europäischen Themen aktuell niemand über die Sozialdemokratie spricht. Denn wir waren viel zu lange nicht sichtbar und haben Entscheidungen der Konservativen einfach mitgetragen, statt eigene Standpunkte offensiv zu setzen. Es geht für uns zum einen darum, das strukturelle Demokratiedefizit in der EU zu bekämpfen, zum anderen aber auch darum, das „europäische Haus“ inhaltlich mit Leben zu füllen. Dazu gehört es, progressive Bündnisse für Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Migration und die Verteilung des Wohlstands innerhalb von Europa zu schmieden.

Welche Ansätze haben die Jusos für den Europawahlkampf?

Wir wollen uns im Wahlkampf nicht nur auf einzelne Politikfelder beschränken. Dafür ist Europa viel zu komplex. Wir haben vier Ansprüche und fordern: ein offenes Europa in Bezug auf Grenzen und Mobilität, ein junges Europa, das zukunftsfähig ist, ein gerechtes Europa hinsichtlich der Verteilung des Wohlstands und ein nachhaltiges Europa mit Blick auf ökologische Themen. Dafür werden wir klare Konzepte liefern, die jeder verstehen kann und die unverwechselbar mit der Sozialdemokratie verbunden werden.

Was verbindet Sie persönlich mit Europa?

Ich komme aus Schleswig-Holstein. Seit ich politisch aktiv bin, haben wir uns immer im Ostseeraum vernetzt. Mit Dänemark verbindet mich mehr als mit Bayern. Ich war in der zweiten Klasse, als der Euro eingeführt wurde. Bisher dachte ich immer, dass Europa eine progressive Idee ist, die ständig weiterentwickelt wird. Deswegen motiviert mich das persönlich, dafür zu sorgen, dass das auch so bleibt.

Welche Ziele verbinden Sie mit Ihrer Kandidatur für das Europaparlament?

Wir Jusos haben gezeigt, was eine progressive sozialdemokratische Politik bedeuten kann. Diese Haltung möchte ich auch ins Parlament tragen. Ich kenne die Lebensrealität vieler junger Menschen in Europa, weil es auch meine Lebensrealität ist. Deren Stimme möchte ich sein.

Sie haben in dieser Woche einen offenen Brief unter dem Titel „Generationengerechtigkeit im Hambacher Wald“ unterzeichnet. Warum liegt Ihnen dieses Thema am Herzen?

Die Entscheidungen, die wir heute treffen, beeinflussen die kommenden Generationen. Der Kohleausstieg muss kommen und er wird kommen. Die Frage, was mit den zahlreichen Fachkräften in der Energiewirtschaft passieren soll, ist aber noch nicht beantwortet. Wir müssen ein sozialdemokratisches Konzept entwickeln, um die Energiewende zu schaffen. Ein Konzept, das den Strukturwandel mitdenkt. Arbeitnehmer für Kapitalinteressen zu instrumentalisieren und Beschäftigung gegen Klimaschutz auszuspielen, so wie es RWE und andere tun, ist keine Lösung.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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