„Europa-Challenge“: SPD-Kandidatin macht Europawahlkampf mit Exit Game
Fionn Grosse, Fionn Grosse
Die Europafahne auf dem Freiburger Platz der Alten Synagoge flattert etwas träge im Wind. Studenten sitzen in Gruppen herum, essen Eis, es ist Frühling in Südbaden.Direkt unter der Fahne geschieht an diesem Nachmittag Ende April Ungewöhnliches. „Lasst uns die Europawahl zur Geburtsstunde einer neuen Generation von Europahelden machen, die wirklich etwas verändern will“, sagt Luisa Boos. Die SPD-Europakandidatin gibt den Startschuss für ihre Wahlkampftour und eine „Europa-Challenge“, auf die sie besonders stolz ist. Auf der Ladefläche eines umgebauten Lieferwagens hat Boos ein mobiles „Escape-Game“ aufgebaut. Escape-Rooms gibt es mittlerweile in vielen Städten und sie erfreuen sich großer Beliebtheit vor allem bei jungen Leuten. Die 34-jährige Boos aus Sexau in Baden-Württemberg will damit „spielerisch für Europa begeistern“.
Die Rettung Europas als Mission
Die Mission: Europa retten! Jeweils drei bis fünf Spielerinnen und Spieler haben 30 Minuten, um Schlösser zu öffnen, Hinweise zu finden, Rätsel zu lösen und viel miteinander zu kommunizieren. Die Idee sei naheliegend für sie gewesen, sagt Boos. Sie sei selbst begeisterte Exit-Game-Spielerin und Europa sei nun mal bereits ihr ganzes Leben ihr Herzensthema. Fünf Monate Vorbereitung hat sie in die Vorbereitung der „Europa-Challenge“ gesteckt. Nun wird sie den Spielebus vier Wochen lang an mindestens 33 Plätze in Südbaden lenken. Wer spielen will, kann vorher einen festen Slot buchen oder den Bus sogar für die eigene Gemeinde oder das Vereinsfest anfragen.
Schon beim Auftakt unter der Freiburger Europa-Fahne stehen die Interessenten Schlange. Erstspielerin Julia Söhne kommt mit leuchtenden Augen aus dem Wagen: „Man ist ganz gefesselt und versucht, so schnell wie möglich alle Rätsel zu lösen. Die Zeit vergeht wie im Flug.“ Ihr Fazit: „Richtig coole Idee, das ist ein professionelles Exit Game nur kostenlos und zum Thema Europa!“ Und auch rund um den Bus herum findet Wahlkampf statt. Während bei den Spielern die Köpfe rauchen, spricht die Kandidatin mit Passanten in der Fußgängerzone und ihr Team verteilt Flyer, auf denen ihre wichtigsten politischen Themen stehen.
Lob vom SPD-Generalsekretär
Die „Europa-Challenge“ sei bundesweit bislang einzigartig, so Boos. Sie will damit vor allem junge Menschen auffordern, sich für das Europa der Zukunft einzusetzen und wählen zu gehen. Mit der Idee ist sie auch beim SPD-Parteivorstand vorstellig geworden, der sofort finanzielle Unterstützung zugesagt habe. Entsprechend lobt Generalsekretär Lars Klingbeil die Challenge als „eine fantasievolle Herausforderung.“ Wahlkampf lebe „von tollen Ideen und spannenden Aktionen.“
Wer in den spielbereiten Bus hineinlugt, sieht zunächst mal nicht viel mehr als zwei Wahlplakate, einen roten Teppich und eine große Holzkiste, die mit zwei großen Vorhängeschlössern verriegelt ist. Stück für Stück finden die Teams Hinweise und Schlüssel, mit denen Schlösser geöffnet und weitere Knobeleien ergründet werden können. Nur knapp vor dem Zeitlimit erreichen die Teams an diesem Tag das Ziel. „Herzlichen Glückwunsch!“ gratuliert Luisa Boos den noch ganz in die Rätsel versunkenen Spielern. „Jetzt bleibt euch noch eine letzte Aufgabe: Wählen gehen am 26. Mai!“ Doch zuerst machen viele noch ein Selfie mit dem Europa-Challenge-Bus. Die Sozialdemokratin Boos freut sich über jeden Post bei Instagram, Twitter oder Facebook: „In der Zielgruppe ist das fast wichtiger als die Regionalzeitung.“
Gegen Recht und das Sterben auf dem Mittelmeer
Und auch auf der Straße werden die Menschen schnell auf die Wahlkampfaktion aufmerksam. „Das ist mal was anderes. Sonst kennt man die Parteien ja nur vom Kugelschreiber verteilen oder Luftballons“, sagt ein junger Mann im Vorbeigehen. Er selbst wolle nicht mitspielen, er finde es aber gut, wenn mal was passiere, weil in Europa immer mehr Rechte und Rechtsextreme unterwegs seien. Dagegen und etwa „gegen das Sterben auf dem Mittelmeer“ müsse viel mehr getan werden. Besser hätte sie das selbst nicht sagen können, findet Luisa Boos, und weist schon das nächste Team von Europa-Heldinnen und -Helden in ihre Aufgaben ein.