Erfolgreiche Bundestagswahlkämpfe: SPD will von den Besten lernen
Dirk Bleicker
„Hier sitzen sehr erfolgreiche Menschen. Unser Ziel heute ist: Wir wollen voneinander lernen“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zu Beginn eines „Best-Practice-Workshops“ im Willy-Brandt-Haus. Etwa 25 SPD-Bundestagsabgeordnete und ihre WahlkampfleiterInnen diskutierten über erfolgreiche Strategien, die künftigen Kandidierenden als Leitfaden dienen sollen. Lars Klingbeil, der den Termin als „einen der wichtigsten im Erneuerungsprozess“ bezeichnete, sagte: „Es geht darum, gemeinsam besser zu werden. Eine neue Zeit braucht auch eine neue Art, Politik zu machen.“
Auf die Inhalte kommt es an
Während die Bundestagsabgeordneten neben Konstanz und Authentizität auch Heimat und Bürgernähe als Faktoren für einen erfolgreichen Wahlkampf nannten, gab Heiko Giebler vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) eine Einschätzung aus wissenschaftlichter Perspektive. Er referierte die Ergebnisse der German Longitudinal Election Study (GLES), einer Langzeitwahlbeobachtungsstudie. Als erfolgreichen Wahlkampf bezeichnete Giebler ein Erststimmenergebnis der jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten, das über dem Landesdurchschnitt der Erststimmen liege.
Erfolgreiche Kandidierende haben demnach ein um fast 50 Prozent höheres Budget zur Verfügung sowie ein deutlich größeres Wahlkampfteam, was sich insbesondere durch mehr freiwillige Helfer bemerkbar macht. Keinen bemerkbaren Unterschied machte die Auswahl der verwendeten Wahlkampfinstrumente. Entscheidender sei, dass die eingesetzten Mittel auch zum Kandidaten passten. Besonders erfolgreich waren zudem SPD-Kandidaten, die sich selbst hinsichtlich ihrer politischen Einstellung als moderat links eingestuft haben. Giebler kam zu dem Schluss: „Viel hilft viel, aber die inhaltliche Ausrichtung muss stimmen.“
Schulterschluss mit Gewerkschaften
Kritik kam aus den Reihen der Teilnehmenden an der Methodik der Studie und der zugrunde liegenden Definition eines erfolgreichen Wahlkampfs. So merkte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sören Bartol an, dass der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme innerhalb des Wahlkreises für ihn entscheidender sei. Die Bundestagsabgeordneten Johann Saathoff und Falko Mohrs argumentierten, die SPD müsse stärker den Schulterschluss mit befreundeten Organisationen wie Gewerkschaften suchen, um erfolgreich sein zu können.
In einer folgenden Arbeitsgruppenphase erarbeiteten Abgeordnete und Mitarbeitende zentrale Erkenntnisse für einen erfolgreichen Wahlkampf. Demnach lagen die zeitlichen Ressourcen im Schnitt bei etwa 70 Stunden pro Woche. Zudem müsse eine Imagebildung, einhergend mit einer Stärken- und Schwächen-Analyse, zu Beginn jeder Kampagne stehen. Wichtig sei auch ein enger Bürgerkontakt. Kandidierende sollten „überall hingehen, wo es weh tut“. Auch für Migrantengruppen solle die SPD attraktiv sein.
Lokale Ausrichtung für starken Wahlkampf
Europa-Staatsminister Michael Roth warb vor allem darum, den Kandidierenden vor Ort mehr Freiräume für individuelle Kampagnen zu geben. „Am Ende sind es eben doch die Typen, die die Partei mit nach oben ziehen“, sagte der Nordhesse. Entsprechend stellte Generalsekretär Lars Klingbeil in Aussicht, künftig ein Coaching für neue Kandidierende anzubieten, um deren Stärken und dazu passende Instrumente herauszuarbeiten.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo