Endspurt zur Bundestagswahl: Heil trifft Müntefering in Herne
Die Begeisterung ist groß als Michelle Müntefering in ihrem Wahlkreis Herne – Bochum II den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Hubertus Heil am Fretiag in „einem starken Stück Ruhrgebiet“ begrüßt. Zahlreiche Menschen sind für die Kundgebung vor dem City-Center gekommen. Nach den Einschränkungen der Corona-Zeit blüht die Stadt regelrecht auf, Menschen lachen ausgelassen, manche tanzen sogar, als Müntefering und Heil beginnen, auf dem Platz Rosen zu verteilen.
Doch Hubertus Heil ist mit einem ersten Anliegen nach Herne gekommen: Er will für eine starke SPD werben, auch um endlich umzusetzen, was Millionen helfen würde: den Umbau der Agentur für Arbeit in eine „Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung“. In Zeiten der Digitalisierung und des Klimawandels sei das Thema Aus- und Weiterbildung wichtiger denn je, betont der Arbeitsminister, denn die Anforderungen für manche Berufe veränderten sich so schnell wie nie zuvor. Nun gelte es, Beschäftigte für diesen stätigen Wandel zu wappnen und so den Erhalt von Arbeitsplätzen zu sichern.
Den „sozialen Arbeitsmarkt“ weiter ausbauen
Doch auch Menschen, die bereits ihre Beschäftigung verloren haben, dürften nicht vergessen werden. Das betont Michelle Müntefering. Wie der soziale Arbeitsmarkt – ein Kernanliegen der SPD – aktiv helfen konnte, um Hatz IV-Empfänger*innen wieder in eine Beschäftigung zu bringen, haben sowohl sie als auch Heil in ihren Weilkreisen selbst miterleben können. Das Gesamtpaket an intensiver Betreuung, individueller Beratung und der gezielten Suche nach einem passenden Arbeitgeber ist in Münteferings Heimatstadt Herne eine Erfolgsgeschichte.
So habe ein Langzeitarbeitsloser in der Stadt auf diesem Wege eine Stelle als Platzwart bekommen, die nun wieder neu besetzt werden muss: Der Mann wurde aufgrund seiner guten Arbeit abgeworben und ist nun als Hausmeister tätig. Damit ist er einer von 400 Menschen die alleine in Herne mit Hife des sozialen Arbeitsmarkts wieder eine Beschäftigung finden konnte. Für Müntefering zeigen diese Errungenschaften, dass das Instrument weiter ausgebaut werden muss.
SPD-Erfolge trotz großer Koalition
Doch es ist nicht nur alles eitel Sonnenschein beim Auftritt der beiden SPD-Politiker*innen. Ein Zuhörer will wissen, wann er endlich die Grundrente bekommt. Heil kann ihn beruhigen: Jedem, so das Versprechen, der mindestens 33 Jahre gearbeitet hat, steht diese Rente zu. Zu diesen Arbeitsjahren zählen auch die Erziehung von Kindern und die Pflege von Angehörigen, betont Heil. Begonnen habe man, indem man die Grundrente direkt denjenigen ausgezahlt habe, die neu in Rente gegangen sind. Jetzt seien all jene dran, die schon länger Renter*innen seien. Für den fragenden Bürger hat Heil auch noch eine gute Nachricht: „Alles, was Dir seit dem Beschluss der Grundrente im Januar 2021 zusteht, bekommst du natürlich auch rückwirkend ausgezahlt.“
Doch so groß der Erfolg der Grundrente, die die SPD in der großen Koalition gegen heftige Widerstände von CDU und CSU durchsetzen musste, auch ist, so ernüchternd fällt Heils Bilanz in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner aus. „Die Union hat nichts mehr vor“, berichtet der Arbeitsminister. Jedem Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit sei ein hartes Ringen mit der Union vorhergegangen. Umso wichtiger sei es, Mehrheiten jenseits von CDU und CSU zu bilden.
Nach Corona gelte es, Missstände zu beheben, die in dieser Zeit deutlich zum Vorschein gekommen sind. „Arbeitsschutz ist von einem verstaubtem Thema zu Top Priorität geworden“, meint Heil. Und auch die Wertschätzung für systemrelevante Berufe sei während der Pandemie endlich wieder gestiegen. Dabei ist es dem Arbeitsminister wichtig zu betonen, dass es nicht beim Klatschen als Würdigung für etwa Krankpfleger*innen bleiben dürfe. Gerade die Arbeitsverhältnisse für soziale Dienstleister*innen müssen sich deutlich verbessern.
Klimastreik trifft Arbeitsminister
Als dann die Herner Klimastreik-Demo samt Jusos an der Bühne vorbeizieht, klatscht Hubertus Heil aber doch gerne, betont jedoch im nächsten Atemzug, dass auch auf die Belange der Klimaschutzaktivist*innen mit mehr zu antworten sei als nur mit Applaus. Für ihn gilt: Klimaschutz muss von den Straßen in den Bundestag. Die Arbeitswelt muss fit für den klimabedingten Wandel gemacht werden. Die Demonstrierenden lädt er ein, dazuzukommen.
Leon Reinecke von den NRW-Jusos läuft bei Fridays For Future mit. „Ich habe mich sehr über die größtenteils gute Stimmung, die Hubertus entgegengebracht wurde, gefreut“, sagt er. „Viele Menschen vertrauen der SPD, wenn es um die Durchsetzung eines effektiven Klimaschutzes und gleichzeitige soziale Gerechtigkeit geht. Dass er uns direkt eingeladen hat, zuzuhören und mit zu diskutieren, zeigt, dass er ein offenes Ohr für unsere Belange hat.“
Die soziale Gerechtigkeit steht bei der Klimafrage auch für Michelle Müntefering an oberster Stelle: „In NRW haben die Menschen immer wieder viel für das Land geleistet und waren vom Strukturwandel besonders betroffen. Jetzt muss diesen Menschen auch wieder etwas zurückgegeben werden“, meint sie.