Endres und von Brunn: „Wir sind entschlossen, das Ruder herumzureißen.“
Lennart Preiss
Sie sind die erste Doppelspitze in der Geschichte der Bayern-SPD. Warum haben Sie sich entschlossen, gemeinsam zu kandidieren?
Ronja Endres: Wir stehen vor einer lebenswichtigen Entscheidung! Die Partei ist von 2017 von 17 Prozent auf nur noch sieben Prozent heruntergefallen. Die BayernSPD liegt angezählt am Boden, knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Deswegen darf es kein Weiter-So geben. Es ist völlig klar, dass in so einer gefährlichen Situation auch ein personeller Neuanfang dringend notwendig ist. Wir beide sind entschlossen, das Ruder herumzureißen. Das geht aber nur, wenn zwei tatkräftige und entschlossene Menschen gemeinsam anpacken, die beide in Bayern präsent sind. Aber genauso wichtig ist uns, dass eine gleichberechtigte Doppelspitze für uns einfach zeitgemäß ist: Das ist praktizierte Gleichstellung! Wir werden das schaffen, denn wir sind gemeinsam mit unserem Generalsekretär Arif Tasdelen ein starkes Team.
Bei Ihrer Kandidatur für den Parteivorsitz vor vier Jahren haben Sie in der Mitgliederbefragung mit knapp 20 Prozent der Stimmen auf Platz zwei gelegen, Florian von Brunn. Welche Lehren haben Sie daraus gezogen?
Florian von Brunn: Ronja und ich treten gemeinsam an! Der Teamgedanke ist uns besonders wichtig. Außerdem verkörpern wir eine gute regionale Mischung: Ronja lebt in Regensburg in der Oberpfalz, Arif kommt aus Oberfranken und lebt in Nürnberg, ich in München. Wir sind hier in Bayern und müssen nicht immer nach Berlin pendeln. Ich selbst habe zudem in den letzten Jahren sehr viele Ortsvereine und Unterbezirke besucht. In vielen persönlichen Gesprächen habe ich erfahren, was unsere Mitglieder sich wünschen. Das ist Präsenz vor Ort, Wertschätzung und tatkräftige Unterstützung. Genau dafür stehen Ronja, Arif und ich. Bei uns wird jede E-Mail und jede Anfrage beantwortet. Wir werden da sein, wenn Wahlkampf geführt und Jubiläen gefeiert werden. Das ist für uns selbstverständlich.
Ronja Endres: Der Unterschied zu vor vier Jahren ist: Heute hat er mich an seiner Seite!
Sie haben es schon angesprochen: In den Umfragen liegt die SPD in Bayern schon lange nur noch im einstelligen Bereich. Wie wollen Sie das ändern?
Florian von Brunn: Wir werden dafür sorgen, dass die Partei endlich wieder in die Öffentlichkeit kommt. Wir haben viele gute Ideen und Programme. Aber was nützt das, wenn niemand es erfährt? Die Menschen in Bayern müssen wissen, für was die BayernSPD steht. Wir müssen ihnen zeigen, dass wir für sie da sind und sie sich auf uns verlassen können. Und wir werden intensiv daran arbeiten, die politische Schlagkraft der BayernSPD zu erhöhen, gegenüber den Medien, aber auch mit guten, professionellen Kontakten zu Gewerkschaften und Verbänden. Dazu gehört zudem, dass wir Ortsvereine und Unterbezirke viel stärker als bisher unterstützen und einen intensiven Dialog mit unseren Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikern führen. Schließlich beweisen sie nicht nur, dass man erfolgreich Politik machen kann, sondern auch, dass die BayernSPD Wahlen gewinnen kann!
In Ihrer Bewerbung setzen Sie einen klaren Schwerpunkt beim Klimaschutz und der sozial-ökologischen Erneuerung Bayerns. Ist das nicht längst von den Grünen besetzt?
Florian von Brunn: Klimaschutz ist sehr wichtig. Unsere Kinder und Enkel haben ein Recht darauf, von uns eine lebenswerte Welt hinterlassen zu bekommen. Aber wir denken Klimaschutz anders als Grüne und Schwarze. Für uns ist klar, dass Klimaschutz sozial gerecht sein muss. Wir verbinden ihn mit dem Schutz und Erhalt von guten Arbeitsplätzen. Das macht den entscheidenden Unterschied. Die Grünen denken nur ökologisch. Wir denken das Soziale mit und damit an die Menschen. Ein konkretes Beispiel: Wir wollen, dass die Einnahmen aus der CO2-Abgabe als Klimaprämie an alle zurückgezahlt wird. Das entlastet untere Einkommen und Normalverdiener sogar, weil die Reichen einen viel größeren ökologischen Fußabdruck haben. Und wir werden die Automobilbeschäftigen und die IG Metall in der Transformation ihrer Industrie unterstützen. Das ist uns sehr wichtig.
Zudem wollen Sie „die öffentliche Präsenz der SPD deutlich verbessern“. Wie soll das gelingen?
Ronja Endres: Florian hat es als Landtagsabgeordneter trotz der schlechten Verfassung der BayernSPD immer wieder in die Medien und sogar in die Tagesschau geschafft mit einem Gespür für gute Themen und hervorragender Landtagsarbeit. Diese professionelle Pressearbeit wollen wir verbinden mit Präsenz vor Ort durch gestärkte Ortsvereine und gute Beziehungen zu Verbänden wie Gewerkschaften, AWO, Sportverbänden, Kirchen und Kreisjugendringe. Außerdem werden wir unsere Ortsvereine, Unterbezirke und Kreisverbände bei der Öffentlichkeitsarbeit stark unterstützen, zum Beispiel durch Bildungsangebote und Musterpressemitteilungen.
Das Interview wurde bereits vor der Wahl geführt und danach aktualisiert.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.