vorwärts.de: Sigmar Gabriel hat es nun offiziell gemacht: Peer Steinbrück ist der neue Kanzlerkandidat. Sie haben ja schon länger auf eine baldige Entscheidung gedrängt. Freut Sie die heutige Bekanntgabe?
Christian Ude: Ich bin sehr erfreut und erleichtert über die jüngste Entwicklung. Die Diskussion ist nämlich schon sehr langwierig und strapaziös geworden. Vor allem hat mich geärgert, dass die Medien fast nur noch die K-Frage gestellt haben und auf inhaltliche Anliegen und Vorschläge der SPD kaum noch eingegangen sind. Jetzt gibt es eine Lösung, die offensichtlich von allen drei Hauptakteuren mitgetragen wird.
Halten Sie Peer Steinbrück für den richtigen Kandidaten?
Ich denke, Peer Steinbrück kann in einer Zeit finanzpolitischer Turbulenzen, die alle anderen Themen überschatten, seine politische Erfahrung und Kompetenz einbringen. Aus Umfragen wissen wir, dass er eine große Reichweite auch außerhalb der SPD-Anhängerschaft hat, was das wichtigste ist, wenn man zulegen und nicht nur Recht haben will.
In der SPD ist er aber nicht ganz unumstritten, gerade im linken Flügel. Wie wird die Entscheidung in der Partei ankommen?
Darüber muss die Partei jetzt nachdenken, ob eine Personalaufstellung dazu da ist, die eigene Befindlichkeit zu pflegen oder nicht doch dazu, einen Führungsanspruch zu untermauern und Vertrauen auch außerhalb der Partei hinzuzugewinnen. Natürlich ist die forsche Art von Peer Steinbrück von manchen empfindsamen Seelen missgelaunt zur Kenntnis genommen worden. Bei der Bevölkerung mache ich aber die Erfahrung, dass sie gerne Klartext hören und auch einmal eine freche Lippe verzeihen, wenn dafür Aufklärung geleistet wird. Die Vorstellungen von Peer Steinbrück, wie man die Finanzmärkte wieder in den Griff bekommt und die Regulierung durchsetzen kann, sind ja ein ausgesprochen linkes Programm. Dafür braucht es einen hochkarätigen Profi, um das auch in die Tat umzusetzen.
Was versprechen Sie sich für Ihren Wahlkampf von Steinbrücks Kandidatur?
Ich spüre schon heute bei den Kontakten mit den Medien, dass die SPD wieder in die Offensive geraten ist, dass man uns diese quälende K-Frage nicht weitere Monate stellen kann. Und dass plötzlich gefragt wird, was die SPD denn besser machen will.
Insofern alles gut aus Ihrer Sicht?
So ist es. Wobei wir Sigmar Gabriel zu verdanken haben, dass der Prozess so fair verlaufen ist. Und auch ohne die Fraktionsführung von Frank-Walter Steinmeier stünde die SPD auf hilflosem Posten. Ich denke, dass hier keine Personalentscheidung gegen zwei Menschen getroffen worden ist, sondern für eine optimale Aufstellung.
Vielen Dank für das Gespräch!
ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2013 hat sie beim vorwärts volontiert.