Parteileben

Eine Frauenakademie für die SPD

von Maike Rocker · 10. Juni 2010
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Elke Ferner begann ihre Rede mit einer fundamentalen Kritik an der bestehenden Regierung. Ferner sagte, die Bundesregierung habe, trotz amtierender Regierungschefin und mehrerer Ministerinnen, "mit echter und moderner Gleichstellungspolitik nichts am Hut". Die neue Familienministerin habe kampflos Einsparungen beim Elterngeld akzeptiert. Damit sei sie eine "glatte Fehlbesetzung", urteilte Ferner, die auf der dreitägigen ASF-Bundeskonferenz unter dem Motto "Gleichstellung jetzt!" als Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) wiedergewählt wurde. 93 Prozent der Delegierten stimmten in der Godesberger Stadthalle für die 52-jährige.

SPD als Männerpartei

Doch auch in der eigenen Partei machte Ferner Missstände aus: Bei vielen SPD-Veranstaltungen blieben Frauen unsichtbar und kämen als Expertinnen oder Hauptrednerinnen nur selten vor. Frauen könnten sich kaum mit der Partei identifizieren. Bei jungen Frauen hatte die SPD bei der letzten Bundestagswahl über 20 Prozent an Zustimmung verloren.

Die SPD werde gerade von jungen Frauen sehr kritisch als "Männerpartei" gesehen, befand auch Generalsekretärin Andrea Nahles. Um attraktiver für Frauen zu werden, müsse die Partei sich in mehrfacher Hinsicht reformieren. Nahles nannte dafür die Arbeits- und Mitwirkungsbedingungen in der Partei, die ebenso wie das Erscheinungsbild verbessert werden müssten. "Es geht darum, uns wirklich im Sinne von Frauen zu reformieren." Neue Strukturen und mehr Balance von Beruf und Privatem seien dafür vonnöten, so Nahles, denn: "Es ist hochpolitisch, wie wir uns organisieren." Breite Zustimmung unter den Delegierten fand Nahles' Vorschlag, im Rahmen der Führungsakademie der SPD eine Frauenakademie einzurichten.

Weg mit dem Ehegattensplitting

Ferner und Nahles sprachen sich gegen die Beibehaltung des Ehegattensplittings aus. Männer und Frauen würden auf diese Weise auseinander dividiert, tradierte Rollenmuster gefestigt: "Der Staat fördert, dass der eine arbeitet und die andere zu Hause bleibt". Kritisch äußerten sie sich auch zu Minijobs. Nahles forderte eine Begrenzung der Minijobs. Man könne nicht mehr weiter zulassen, dass massenhaft sozialversicherungspflichtige Jobs ohne Hemmung in Minijobs umgebaut werden, so Nahles. Ferner forderte die Sozialversicherungspflicht für alle Jobs ab dem ersten Euro. Gerade Frauen würde solch eine Reform wie auch ein gesetzlicher Mindestlohn zugute kommen. Über 70% der im Niedriglohnsektor Beschäftigten sind Frauen.

Ferner forderte die Genossinnen auf, sich verstärkt an der laufenden SPD-Zukunftswerkstatt zu beteiligen. Auch hier müsse Gleichstellung als Querschnittsthema fest verankert werden. "Das Beste was uns passieren kann, ist eine breite Debatte um Gleichstellung in allen Gremien," so die ASF-Bundesvorsitzende.

Deutschland 2020

Als Zukunftsvision eines Deutschlands im Jahr 2020 malte Ferner ein Bild, in dem Aufsichtsräte deutscher Unternehmen paritätisch besetzt sind und Männer und Frauen die gleichen Chancen beim Berufszugang und beim beruflichen Aufstieg haben - auch, weil flächendeckend ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder zur Verfügung stünden. Das Wort Feminismus sei dann kein "Schimpfwort" mehr, sondern "Bestandteil des täglichen Handelns".

Ferner will sich mit der ASF gemeinsam dafür einsetzen, dass diese Zukunftsvision Realität wird. Sie kündigte an, dass die ASF in den kommenden zwei Jahren gemeinsam mit den Jusos gerade bei jungen Frauen für ihre Positionen werben wolle.


Stellvertretende ASF-Vorsitzende:
Evelyne Gebhardt (Baden-Württemberg) mit 93 Prozent
Barbara Hackenschmidt (Brandenburg) mit 92 Prozent
Marianne Wallach (Nordrhein-Westfalen) mit 66 Prozent Als Beisitzerinnen wurden gewählt:
Annegret Ahlers (Bremen)
Dr. Agnes Allroggen-Bedel (Rheinland-Pfalz)
Fatos Aytulun (Nordrhein-Westfalen)
Katrin Behrmann (Hamburg)
Eva Brackelmann (Sachsen)
Sabine Fischer-Theobald (Saarland)
Bergit Fleckner-Olbermann (Nordrhein-Westfalen)
Regina Haut (Hannover)
Dr. Cornelia Klisch (Thüringen)
Kerstin Mogdans (Sachsen-Anhalt)
Ulli Nissen (Hessen-Süd)
Dr. Cornelia Östreich (Schleswig-Holstein)
Brigitte Pleß (Mecklenburg-Vorpommern)
Adelheid Rupp (Bayern)
Dr. Claudia Schöning-Kalender (Baden-Württember)
Gabriele Stillger (Nordrhein-Westfalen)
Margrit Zauner (Berlin) Mehr Infos unter www.asf.spd.de

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