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Zuvor schon hatten sich dem Linkskurs gegenüber kritische SDS-Mitglieder in eigenen Fraktionen organisiert. Auch Helmut Schmidt rief dazu auf. Am 9. Mai 1960 war es dann so weit: In Bonn gründete sich der "Sozialdemokratische Hochschulbund" auf Bundesebene. Der SHB bekannte sich in Theorie wie Praxis zum "demokratischen Sozialismus" und entsprach damit der 1959 in Godesberg vorgegebenen Linie der SPD.
Doch die Freude mit dem - wiederum parteiunabhängigen - Verband währte nicht lange. An den Hochschulen gärte es, die Außerparlamentarische Opposition kam auf. Und so entwickelte sich auch der SHB nach links.

"Unter den Talaren..."

Schon 1967 entzog die SPD ihm die finanzielle Unterstützung. Es waren SHB-Mitglieder, darunter Detlef Albers, die als erste in ihren Aktionen das berühmte Transparent "Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren" hochhielten. Im November 1972 verabschiedete der SHB ein durchgängig marxistisches Grundsatzprogramm und bekannte sich zur "prinzipiellen Aktionseinheit" mit dem kommunistischen MSB Spartakus. Im gleichen Jahr verbot die SPD ihm, das Wort "sozialdemokratisch" im Namen zu tragen. Später durfte der nun "Sozialistische Hochschulbund" auch das Juso-Zeichen (Faust mit Rose) nicht mehr verwenden.

Anders als zuvor der SDS entging der SHB jedoch dem Unvereinbarkeitsbeschluss. So bestanden ab den 1970er Jahren zwei vom Selbstverständnis her "sozialdemokratische" Studierendenverbände: Die Juso-Hochschulgruppen als bundesweit organisierte Arbeitsgruppe der SPD-Jugendorganisation und der unabhängige, marxistische SHB. Letzterer war die stärkere Gruppe, hatte nach wie vor Einfluss bei den Jusos in der SPD und hielt - insbesondere über die Zusammenarbeit mit den Kommunisten - durchaus eine starke Position in der Verfassten Studentinnen- und Studentenschaft.

Bis 1989...

Kritiker fragten, ob die Aktionseinheit mit dem MSB nicht eher eine Abhängigkeit von den Kommunisten darstellte. Zumindest in ihrer prinzipiellen Form war sie verfehlt. Aber sie hatte eine reale Grundlage in der gemeinsamen Politik der "gewerkschaftlichen Orientierung", der Vertretung der unmittelbaren Interessen der Studierenden. Der SHB war so durchaus basisorientiert. Während grün-alternativ aussehende "Basisgruppen" und Juso-Hochschulgruppen 1987 den Volkszählungsboykott auf ihre Fahnen schrieben, organisierten SHB und MSB Demos gegen die schon damals beabsichtigte Einführung von Studiengebühren.

Das Ganze hielt bis Frühjahr 1989. Kurz vor dem Zusammenbruch des Kommunismus igelte der SHB sich in seinem weltanschaulichen Dogmatismus ein. Die letzte demokratische Opposition verließ den Verband im Juni 1989. Der Bundesvorstand hatte sich geweigert, das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens zu kritisieren und Solidarität mit den chinesischen Studenten zu üben. Von da an, bis zu seiner Auflösung 1992, versank der SHB in Bedeutungslosigkeit.

Was bleibt, ist die Erinnerung an eine bewegte Zeit, an hohe Ansprüche und Illusionen, die in diesem Fall ins politische Abseits führten. Für die Organisation - nicht unbedingt für die Menschen, die in ihr wirkten. Und es bleibt das Bedauern, dass die Sozialdemokratie an den Hochschulen bis heute nicht wieder an alte Stärke anknüpfen konnte.



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Autor*in
Christoph Meyer

ist Vorsitzender der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung. Er ist Autor der Biografie „Herbert Wehner“ (dtv, 2006).

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