Seit fast 50 Jahren stellt die SPD im bayerischen Töging am Inn ohne Unterbrechung den Bürgermeister. Das soll auch nach der Kommunalwahl am Sonntag so bleiben. Was ist das Erfolgsgeheimnis der Töginger Genossen?
Auf dem Land ist Bayern schwarz und fest in der Hand der CSU – ein Klischee, das naturgemäß so nicht stimmt. Bestes Beispiel ist die Stadt Töging im erzkatholischen Landkreis Altötting. In dem 9100-Seelen-Ort regiert die SPD seit den 1960er Jahren mit einer Unterbrechung mit absoluter Mehrheit. Und auch bei Landtags- und Bundestagswahlen schneidet die SPD hier regelmäßig deutlich besser ab als im Umland. Das ist das Verdienst des rührigen SPD-Ortsvereins.
„In den 20er Jahren war Töging eine typische Arbeiterstadt, in der jede Familie mit dem großen Aluminiumwerk oder dem Inn-Kraftwerk zu tun hatte“, berichtet Werner Bauer, der seit 30 Jahren SPD-Stadtrat ist. Der Aluminiumbetrieb sei gewerkschaftlich gut durchorganisiert gewesen und im Ort habe es die AWO gegeben, die Arbeiterjugend, die Naturfreunde und viele andere Arbeitervereine, so dass die SPD ein sehr starkes Umfeld gehabt habe, so Bauer.
Seit 1965 SPD-Bürgermeister
Wie stark die SPD in Töging war, zeigte sich nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit Franz Förg, Gründungsmitglied des Ortsvereins, wurde gleich ein Sozialdemokrat Bürgermeister. Nach seinem Tod 1953 kamen für zwölf Jahre die Freien Wähler zum Zug, doch seit 1965 ist die SPD in Töging wieder spitze und stellt seither durchgängig den Bürgermeister.
30 Jahre führte Max Saalfrank die Geschicke der Stadt, von 1996 bis heute war Horst Krebes 1. Bürgermeister. Im März darf er jedoch nicht mehr kandidieren, weil er die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht hat. Stattdessen schickt die Töginger SPD Werner Noske ins Rennen. Der ist langjähriger Vorsitzender des Turn- und Sportvereins Töging, des größten Vereins der Stadt, und rechnet sich gute Chancen aus, den Chefsessel im Rathaus zu erobern.
Die meisten SPD-Kandidaten für den Stadtrat sind ebenfalls in den Vereinen engagiert. Diese enge Verknüpfung ist eines der Geheimnisse des Erfolgs des Ortsvereins. Ein weiteres verrät der OV-Vorsitzende und 2. Bürgermeister Bastian Höcketstaller auch noch: „Wir können mit Personen überzeugen. Der Bürgermeister wird ja direkt gewählt, und auch auf der Liste für den Stadtrat haben wir lauter starke Leute.“
Austritte aus Verärgerung über Berlin
Früher sei es einfacher gewesen, Kandidaten für den Stadtrat zu finden, da sind sich Höcketstaller, Bauer und Krebes einig. „Da hat der Bürgermeister sich bei den Vereinen und in den Stadtteilen umgeschaut, wer zu uns passt, und hat geeignete Leute angesprochen“, sagt Bauer. Heute gibt es die Aluminiumwerke nicht mehr und viele Töginger arbeiten auswärts, da fehle dann die Zeit für Partei und Vereine.
Diesen Trend merkt man auch an den Mitgliederzahlen des Ortsvereins. Zu den Hochzeiten in den 1990er Jahren waren es 250 Mitglieder, heute sind es noch 143, berichtet Höcketstaller. So manches Mitglied sei aus Verärgerung über Berlin ausgetreten. Und an die Stelle etwa der Falken seien die Vereine getreten, von dort käme nun der Nachwuchs der Partei. Derzeit seien 25 Prozent der Ortsvereins-Mitglieder erst 25 bis 40 Jahre alt, berichtet Höcketstaller.
Lange Liste von Leistungen
Dass Töging weiter von der SPD regiert wird, „dafür tun wir auch einiges“, sagt der scheidende Bürgermeister Krebes. So organisiere die SPD zahlreiche Veranstaltungen, um mit den Bürgern im Gespräch zu bleiben. Zudem besuche der Bürgermeister die Vereine, zu denen er eingeladen werde. Da sei man nah am Bürger, das sei jeden Monat Wahlkampf pur. „Dafür hört man viel, auf das man reagieren kann“, erzählt Krebes weiter.
Die Liste der Leistungen der SPD in Töging kann sich sehen lassen, ein Rettungszentrum, ein Kulturzentrum, das neue Rathaus, die Turnhalle, um nur einiges zu nennen, was Bürgern und Vereinen zugute kommt. Besonders stolz ist die Partei jedoch, dass es gelungen ist, auf dem Gelände der ehemaligen Aluminiumwerke neue Unternehmen und ein Gründerzentrum anzusiedeln. Klassisches Arbeitermilieu ist das jedoch nicht mehr. Um die Kommunalwahlen im März sorgen sich die Genossen jedoch nicht: „Wir sind optimistisch!“
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