Parteileben

Die SPD wird weiblicher

Am Sonntag wird auf einem außerordentlichen SPD-Parteitag erstmals eine Frau zur Vorsitzenden gewählt. Neben der Wahl steht das Thema der Parteierneuerung auf der Tagesordnung.
von Karin Nink · 19. April 2018
Abstimmung
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Erstmals in der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie kandidieren zwei Frauen für den Parteivorsitz. Neben Andrea Nahles, die vom Parteivorstand einstimmig nominiert worden ist, tritt auch die Flensburger Bürgermeisterin Simone Lange an.

Fragen aus dem Plenum

Der außerordentlich SPD-Bundesparteitag am Sonntag in Wiesbaden wird dieser Situation gerecht: Zu Beginn haben beide Kandidatinnen in einer Rede die Möglichkeit, sich bei den rund 600 Delegierten vorzustellen. Zuvor kann Lange sich, wie das immer üblich war, als Kandidatin bei den Delegiertenvorbesprechungen und im Parteivorstand präsentieren.

Der Parteivorstand wird in der Sitzung vor dem Parteitag auch entscheiden, wie lange die Redezeit der beiden Kandidatinnen sein wird. „Ich glaube, dass sich beide 30 Minuten vorstellen können“, sagt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Mittwoch in Berlin. Nach den Reden sollen nach der Parteitagsplanung Fragen aus dem Plenum an beide Kandidatinnen gestellt werden können. Anschließend folgt die Wahl, an deren Ende die SPD erstmals in ihrer Geschichte von einer Frau geführt werden wird. Neben der Wahl der neuen Parteivorsitzenden wird die Erneuerung der Partei Thema des Bundesparteitages sein. Dazu bringt der Parteivorstand einen Leitantrag ein.

Unruhe in der Partei

Lange gab ihre Kandidatur nach der Nominierung von Nahles durch den SPD-Vorstand bekannt. Sie erfüllt die in den Parteistatuten vorgesehene Voraussetzung: die Unterstützung von mindestens drei Ortsvereinen. Weitere Kandidatenankündigungen nach der Nominierung von Nahles liefen ins Leere. Wenn es auf dem Parteitag trotzdem noch eine Alternative zu den beiden Frauen gäbe, bräuchte diese oder dieser die Unterstützung von mindestens 50 Delegierten aus fünf verschiedenen Bezirken. So verlangen es die Parteistatuten.

In der Partei hatte es Unruhe gegeben, nachdem Martin Schulz vom Amt des Parteivorsitzenden zurückgetreten war, um Außenminister zu werden und die Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Andrea Nahles als kommissarische Parteivorsitzende einsetzen wollte, ohne dass sie dem Parteivorstand angehörte. Bis zur Neuwahl am Sonntag führt deshalb der stellvertretende Parteivorsitzende und Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Partei.

Großer Respekt

Andrea Nahles (47) gilt als Eine, die die Partei ausgezeichnet kennt und auf allen Ebenen vernetzt ist. Mit 18 Jahren gründete sie in ihrem konservativen Heimatdorf in der Eifel den SPD-Ortsverein, sie war Juso-Vorsitzende, stellvertretende Parteivorsitzende und Generalsekretärin. Als Bundesministerin für Arbeit und Soziales errang sie über alle Parteigrenzen hinweg großen Respekt und Anerkennung. In ihrer Amtszeit als Ministerin setzte sie den lange von der Union abgelehnten Mindestlohn und die Rente mit 63 in der großen Koalition für die SPD durch.

Simone Lange wuchs im thüringischen Rudolstadt auf. Zum Studium ging sie nach Flensburg. 2003 trat die gelernte Kriminalbeamtin in die SPD ein und bekleidete in Flensburg verschiedenen Parteiämter, bevor sie 2012 in den Landtag von Schleswig-Holstein gewählt wurde. Seit gut einem Jahr ist sie Oberbürgermeisterin von Flensburg. Sie wurde auch mit den Stimmen von CDU und Grünen gewählt. Dieses Amt will sie nach eigenen Angaben auf jeden Fall weiterführen. Der Parteivorsitz sei schließlich immer ein Ehrenamt gewesen.

Kampfkandidatur

In der jüngeren Geschichte der deutschen Sozialdemokratie gab es nur beim Parteitag 1995 in Mannheim eine Kampfkandidatur. Dabei löste der spätere Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine den Vorsitzenden Rudolf Scharping ab.

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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