Parteileben

„Die Partei hat mich zur Feministin gemacht“

von Vera Rosigkeit · 7. März 2008
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vorwaerts-online: Brauchen die Jusos eine Quote?

Franziska Drohsel: Ja, wir brauchen sie noch. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Quote erfolgreich war. Und auch heute sind bei den Jusos noch immer viel weniger Frauen als Männer aktiv. Frauen müssen aber auch in der Politik mehr Führungspositionen besetzen, denn wir brauchen in der Politik positive Vorbilder.

Ihr fordert die Quote auch in der Wirtschaft?

Wir sehen ja, dass freiwillige Regelungen nicht funktionieren. Es gibt kaum Frauen in Führungspositionen. Deshalb brauchen wir auch in der Wirtschaft eine Quote. Appelle reichen nicht.

Die Jusos sind ein Verband junger Männer, wie lässt sich das ändern?

Wir müssen die politische Kultur ändern. Politik wird immer noch als Männerdomäne wahrgenommen. Es macht einfach wenig Spaß, mit 10 Männern am Kneipentisch zu sitzen und auf den nächsten zotigen Spruch zu warten. Auch hier fehlen Frauen als positive Vorbilder.

Wir versuchen, die Frauen die da sind, zu fördern. Mit Tagungen oder Frauenseminaren können wir Frauen gezielt ansprechen und begeistern, mehr Politik zu machen. Frauen über Themen anzusprechen ist schwierig. Denn wir sind keine homogene Gruppe. Zwar ist ein zentrales Thema die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber es gibt eben auch Frauen, die das weniger interessiert und die lieber über Wirtschaftspolitik diskutieren möchten.

Ab wann wird eine Frau für das Frauenthema sensibilisiert?

Als ich zu den Jusos gekommen bin, hatte ich mit Feminismus gar nichts am Hut. Eigentlich bin ich erst durch die Partei zur Feministin geworden, weil ich da erstmals den Eindruck hatte, dass ich als Frau anders behandelt werde.

Mein Eindruck ist, dass sich der Zeitpunkt, an dem Diskriminierung für Frauen zum Thema wird, im Lebenslauf nach hinten verschoben hat. Während der Schulzeit und des Studiums ist noch alles in Ordnung, aber spätestens ab dem Zeitpunkt, wo ich beispielsweise als Frau in ein Unternehmen einsteige und nur noch wenige Frauen an der Seite habe, ändert sich das Bild. Und in der Leitungsebene ist eben gar keine Frau mehr anzutreffen. Dazu kommt dann noch die Frage der Vereinbarkeit mit einem Kinderwunsch.

Ist die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach wie vor zentrales Thema junger Frauen?

Das ist das zentrale Thema. Es trifft Frauen in der Regel auch erst nach ihrer Ausbildung. Die Familienplanung macht den Unterschied zwischen Frauen und Männern deutlich. Noch immer orientieren sich Frauen in ihrer Berufsplanung danach, ob sie mit dem geplanten Job auch die Kinderfrage vereinbaren können. Wir brauchen endlich finanzierbare Betreuungsangebote, die pädagogisch eine hohe Qualität haben.

Interview: Vera Rosigkeit, Anke Schoen

Foto: spd.de, Kai Doering

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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