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„Die besten Kräfte für Hessen“: Wie die SPD die Wahl gewinnen will

Mit Nancy Faeser als Spitzenkandidatin und Fachkräftegewinnung als zentralem Thema will die SPD in Hessen in den Landtagswahlkampf ziehen. Startschuss dafür ist der Parteitag am Samstag in Hanau.
von Jonas Jordan · 15. Juni 2023
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„Hessen vorn“, hieß es einst unter dem langjährigen SPD-Ministerpräsidenten Georg August Zinn, der von 1950 bis 1969 das Bundesland regierte. Nancy Faeser möchte nun nach fast 25 Jahren CDU-Regierung im einstigen sozialdemokratischen Stammland in dessen Fußstapfen treten. 2021 wurde sie nach der gewonnenen Bundestagswahl die erste Bundesinnenministerin, zwei Jahres später könnte sie nach der Landtagswahl die erste hessische Ministerpräsidentin werden.

Denn Hessen brauche „eine neue Politik und eine Landesregierung, die die Menschen in den Mittelpunkt stellt und für sie kämpft“, sagte Faeser Mitte Februar im Interview mit dem „vorwärts“. Damit der Regierungswechsel gelingt, setzt die Sozialdemokratie auf „Die besten Kräfte für Hessen“. So lautet ihr Wahlkampfslogan, der wohl im doppelten Sinne zu verstehen ist: zum einen mit Blick auf die Landesliste der hessichen SPD, die auf dem Landesparteitag am Samstag in Hanau beschlossen werden soll, zum anderen, weil die Bekämpfung des Fachkräftemangels im Mittelpunkt des SPD-Wahlprogramms stehen soll.

Zwei Säulen für Fachkräfte

Bereits im vorwärts-Interview sprach Faeser die Notwendigkeit an, mehr für gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne zu tun und die Transformation gerecht zu gestalten. Das findet sich nun auch im Leitantrag für das Wahlprogramm wieder, der am Samstag auf dem Parteitag beschlossen werden soll. „Wir sind überzeugt, dass der Schlüssel zur Rettung des Planeten in sauberen Zukunftstechnologien, einer nachhaltigen Industrie und Innovation liegt“, heißt es darin. Deswegen fordert die hessische SPD, einen Transformationsfonds aufzulegen, „um in die Zukunft Arbeit zu investieren“. Ein ähnliches Instrument hat die SPD-Alleinregierung im Saarland bereits geschaffen.

Die hessische SPD fordert nun ebenfalls, dass der Staat mehr Geld bereitstellen müsse, damit die Transformation gelingt und die Menschen auch in Zukunft sichere Arbeitsplätze und faire Löhne haben. „Nur mit der SPD in der Führung der nächsten Landesregierung kann sichergestellt werden, dass die Transformation sozial gerecht und für alle leistbar passieren wird“, heißt es entsprechend im Leitantrag. Zudem versprechen die Sozialdemokrat*innen: „Wir bringen alle Akteure an einen Tisch, indem wir einen Transformationsrat implementieren, der langfristig zu einer hessischen Transformationsagentur nach rheinland-pfälzischem Vorbild weiterentwickelt werden soll.“

Kostenlose Bildung

Um „die besten Kräfte für Hessen“ auch für die Zukunft zu sichern, setzt die SPD auf zwei Säulen. Eine davon ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland regeln soll und das Nancy Faeser und Arbeitsminister Hubertus Heil auf Bundesebene vorangetrieben haben. Eine weite Säule soll die Fort- und Weiterbildung sein. „Wir wollen eine Stärkung der beruflichen Bildung und Berufsorientierung, Ausbildungsstandorte und Berufsschulen in der Fläche sichern, Ausbildungsbedingungen verbessern sowie kostenfreie Meister*innenbriefe einführen“, schreibt die Partei.

Beabsichtigtes Ziel ist es, dass alle junge Menschen einen Ausbildungs- oder Studienplatz angeboten bekommen und auch einen Abschluss erhalten. Meister-, Fachwirt- und Technikerprüfungen sollen künftig kostenfrei sein. „Bildung muss wieder höchste Priorität in der hessischen Landespolitik haben“, fordert die SPD. Mit einem gezielten Investitionsprogramm will sie die Sanierung und Modernisierung von Schulen vorantreiben. Zudem soll die Lernmittelfreiheit auch auf digitalen Bereich ausgeweitet werden. Lehrkräfte und Schüler*innen sollen so mit der notwendigen Hard- und Software ausgestattet werden.

Flächendeckende medizinische Versorgung

Laut der SPD fehlen in Hessen bis 2030 rund 25.000 neue Erzieher*innen. „Um Betreuung zu garantieren, echte Ganztagsschulen einzuführen und Kitaplätze flächendeckend anzubieten, braucht es die besten Kräfte für Hessen“, macht die Partei auch hier deutlich. Deswegen will sie die Ausbildung stärken, Quereinstiege vereinfachen, Lehramtsstudienplätze aufstocken und das Schulgeld in der Erzieher*innen-Ausbildung abschaffen.

Die Sozialdemokratie hat sich außerdem eine wohnortnahe medizinische Versorgung in ganz Hessen auf die Fahnen geschrieben. Um die zu realisieren, plant sie, mit einer Strategie dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen entgegenzuwirken: mit guten Arbeitsbedingungen und ausreichenden Ausbildungs- und Studienplätzen sowie angemessener Bezahlung. Kommunen sollen dabei unterstützt werden, ihre Kliniken, Medizinischen Versorgungszentren und Praxen zu erhalten, um eine flächendeckende Versorgung zu sichern.

Günstiger bauen

Außerdem macht die Partei deutlich: „Wohnen darf kein Luxus sein.“ Dafür will die SPD die Kosten für den Wohnungsbau durch eine Reform des Baurechts und der Grunderwerbssteuer senken. Gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen sollen geringer besteuert werden. Zudem soll die Bereitstellung von Bauland durch mehr Tempo im Planungs- und Genehmigungsrecht verbessert werden. Spekulativen Leerstand von Wohnraum will die SPD gesetzlich verbieten. „Spekulation auf Wohnraum werden wir wirtschaftlich unattraktiv machen“, verspricht die Partei.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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