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Dario Schramm: Stimme der Schüler*innen mit SPD-Herz

Dario Schramm ist Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Während der Corona-Pandemie wurde der 20-Jährige als Stimme der Schüler*innen bundesweit bekannt. In Bergisch Gladbach engagiert er sich für die SPD.
von Jonas Jordan · 17. August 2021
Als Schüler mitreden: Dario Schramm ist Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Auch nach seinem Abitur übt der Sozialdemokrat dieses Amt noch bis November aus.
Als Schüler mitreden: Dario Schramm ist Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Auch nach seinem Abitur übt der Sozialdemokrat dieses Amt noch bis November aus.

Wehmütig ist Dario Schramm noch nicht. Es ist ein Freitag Ende Juli, als er durch einen leeren Gang der Integrierten Gesamtschule Paffrath in Bergisch Gladbach Richtung Cafeteria läuft. Einen Monat zuvor hat Deutschlands oberster Schülersprecher hier sein Abi gemacht. Hier, wo einst alles anfing. Weil das Essen in der Mensa zu schlecht war, fing er an, sich in der Schülervertretung zu engagieren. Heute sind alle Rollläden unten, nicht einmal ein Tablett liegt herum.

Erfolgreich mit Petition gegen Prinz Harry

In der zehnten Klasse stellte Schramm fest, was er durch sein Engagement bewirken kann. In der Englisch-Abschlussprüfung sollte er eine hingenuschelte Rede des britischen Prinzen Harry analysieren. Kaum zu verstehen, eine Frechheit wie Schramm fand. Zu Hause am Schreibtisch startete er eine Online-Petition. Nach zwei Tagen lenkte die damalige NRW-Bildungsministerin ein: Alle Schüler durften die Prüfung wiederholen. „Das war ein geiles Gefühl, aber auch ein gefährliches Ding, weil wir glaubten, jetzt alles bewegen zu können“, erinnert sich Schramm. 

Wie es ist, als Schüler überhaupt nicht mitreden zu dürfen, erfuhr er während eines Auslandsjahres in den USA. Am nördlichen Ende des Bundesstaates New York besuchte er die High School. Direkt an der Grenze zu Kanada. Dort, wo fast 70 Prozent Trump wählten. Sein Gastvater, ein Schulleiter, blickte ihn meist nur amüsiert an, wenn er von Mitbestimmung an Schulen in Deutschland erzählte.

Geprägt durch ein Jahr unter Trump-Wähler*innen

Und doch prägte ihn das Jahr: „Es gibt nur eine Schulreform mit ganz verschiedenen Menschen. Das erzeugt ein ganz anderes Gemeinschaftsgefühl.“ Auch deswegen sagt er heute: „Ich bin völlig überzeugter Gesamtschüler.“ Genau genommen ist Schramm inzwischen kein Schüler mehr, doch noch bis November als Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz gewählt. Ein Titel, der ihm eigentlich viel zu sperrig ist, auch wenn er das Amt gerne weiter ausübt.

Nun hat er auch deutlich mehr Zeit dafür. „Jetzt kann ich noch mal Vollgas geben“, sagt Schramm. Und so ist er trotzdem noch häufiger in seiner alten Schule anzutreffen. Er hat noch einen Schlüssel für den Raum der Schülervertretung, wo neben benutzten Kaffeetassen drei vertrocknete Pflänzchen stehen. Eigentlich hatte er sie bei der Abschlussfeier seinen Lieblingslehrern als Dank überreichen wollen. Es kam dann doch nicht dazu.

Schramm: Home Schooling war eine Woche lang schön

Bei all den Terminen, die Schramm derzeit absolviert, kann auch mal etwas liegen bleiben. Seit die Corona-Pandemie im Herbst erneut deutschlandweit für Schulschließungen sorgte, war er gefragt: FAZ, Spiegel, Tagesthemen – alle wollten plötzlich wissen, was die Schüler*innen selbst eigentlich über den Umgang mit ihnen denken. Drei Problemfelder hat Schramm erkannt: Es brauche eine vernünftige Digitalisierung. Dazu gehören für ihn nicht nur eine schnelle Internetverbindung und die technische Ausstattung, sondern auch ein durchdachtes Konzept für digitalen Unterricht. Zudem nennt Schramm fehlende Fort- und Weiterbildungen von Lehrkräften als Problem. Die unterschiedlichen sozialen Hintergründe der Schüler*innen sind aus seiner Sicht während der Corona-Pandemie zu wenig berücksichtigt worden.

Schramm selbst hatte im Home Schooling anfangs kaum Videokonferenzen. „Eine Woche lang war das schön. Danach war die Sehnsucht nach der Schule aber bei vielen groß.“ Ihn trieb auch die Sorge um, ob seine Erfahrungen repräsentativ sind – für das, was überall im Land an 33.000 Schulen passierte. Ob er tatsächlich für alle sprechen könne.

Hasswelle wegen SPD-Herz

Doch Kritik an ihm gab es wegen etwas anderem: Schramm ist Sozialdemokrat. Das machte er unmittelbar nach seiner Wahl auch in einem Interview transparent. „Das hat eine Welle aus Wut und Hass ausgelöst. Mir wurde über Wochen vorgeworfen, ich hätte meine Positionen mit dem SPD-Parteivorstand abgesprochen“, erzählt Schramm. Dabei ist die Bundesschülerkonferenz überparteilich organisiert, sein engster Vertrauter CDU-Mitglied. Sein „SPD-Herz“ könne er jedoch nicht verhehlen.

In die Partei eingetreten ist Schramm am Abend der Bundestagswahl 2017. „Ich war damals 16 und schon politisch interessiert. Als ich gesehen habe, dass die AfD mit mehr als zwölf Prozent in den Bundestag einzieht, war das für mich so erschreckend, dass ich gedacht habe: Ich muss jetzt aktiv werden und in eine Partei eintreten.“

Aus dem Rheinland an die Oder

Seit kurz vor 19 Uhr am 24. September 2017 gehört er der Partei an. Schon kurz danach fing er an, sich vor Ort im Rheinisch-Bergischen Kreis zu engagieren. Bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr kandidierte er für die SPD in Bergisch Gladbach und verpasste das einzige Direktmandat der Sozialdemokraten nur knapp. Seine Expertise bringt er als sachkundiger Bürger dennoch in die Kommunalpolitik ein.

„Das war eine Hammer-Erfahrung“, sagt der 20-Jährige. Doch demnächst ist damit Schluss. Ab Oktober beginnt für Dario Schramm ein neues Kapitel: Bachelor-Student in Politik und Recht an der Europa-Uni in Frankfurt an der Oder statt Schüler an der Europa-Schule in Bergisch Gladbach. Die Nähe zu Berlin habe den Ausschlag gegeben, auch wenn er das Rheinland vermissen wird.

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Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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