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„#CorbynEinladen!“: Jusos wollen Labour-Chef als Impulsredner

Anfang Dezember will die SPD auf ihrem Bundesparteitag Wege aus der Krise diskutieren. Die Kampagne „#CorbynEinladen!“ wirbt dafür, Labour-Chef Jeremy Corbyn als Impulsredner einzuladen.
von Robert Kiesel · 10. November 2017
Gut gelaunter Labour-Chef Jeremy Corbyn
Gut gelaunter Labour-Chef Jeremy Corbyn

Es gibt derzeit nicht wenige Sozialdemokraten in Europa, die schauen wehmütig auf Jeremy Corbyn und das, was der 68-Jähirge innerhalb von nur zwei Jahren aus der britischen Labour-Party gemacht hat: Seit seiner Wahl zum Partei-Chef traten knapp 600.000 Neumitglieder in die Partei ein, viele davon Jung- oder gar Erstwähler. Mit 40 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen im Juni 2017 brachte er Labour wieder auf Augenhöhe mit den Konservativen, deren 15-Prozent-Vorsprung von 2015 auf magere 2,4 Prozentpunkte zusammengeschmolzen war.

Jusos setzen auf Corbyn als Impulsgeber

Den allgemeinen Hype um den auch in den eigenen Reihen nicht unumstrittenen Corbyn wollen Jusos aus Frankfurt/Main nun nutzen, um der angeschlagenen SPD neue Impulse zu geben. Ihre Idee: Corbyn zum Bundesparteitag der SPD im Dezember einladen und dort als Impulsredner auftreten lassen. „Was die Labour-Party in Großbritannien vollzogen hat, hunderttausende junger Menschen für eine sozialdemokratische Partei zu begeistern, das könnte auch der SPD neue Impulse geben“, erklärt Lino Leudesdorff, Sprecher der Jusos Frankfurt/Main. Gemeinsam mit anderen riefen er und sein Sprecher-Kollege Simon Witsch eine Idee ins Leben, für die sich mittlerweile 30 bis 40 Menschen bundesweit engagieren. Viele, aber nicht alle von ihnen sind Mitglieder der SPD.

Damit ihre Forderung „#CorbynEinladen!“ Öffentlichkeit erfährt, setzten sie eine Homepage sowie eine Facebook-Seite auf, riefen eine Online-Petition ins Leben. Wer ihre Kampagne unterstützen möchte, kann diese mit wenigen Klicks unterschreiben.

Corbyn signalisiert grundsätzliche Bereitschaft

Bei Unterschriften allein wollen es die Initiatoren der Aktion aber nicht belassen. Über die britische Corbyn-Unterstützerkampagne „Momentum“ nahmen sie Kontakt zum Labour-Chef auf, fragten an, ob Corbyn grundsätzlich zu einen Auftritt beim SPD-Bundesparteitag bereit sei. „Wir haben die Antwort bekommen, dass er tatsächlich Zeit hat und dazu bereit wäre“, berichtet Leudesdorff.

Und selbst mit Martin Schulz, der die SPD zu Jahresbeginn in eine regelrechte Euphorie versetzt hatte, haben Leudesdorff und Co bereits gesprochen. Am Rande einer der aktuell laufenden Dialogkonferenzen hatten sie den SPD-Chef direkt mit der Idee konfrontiert. Leudesdorff zufolge zeigte sich Schulz zumindest nicht abgeneigt. „Er findet die Idee wohl ganz charmant“, so seine Erinnerung.

Die Suche nach der Erfolgsspur

Bei aller Euphorie: Dass es innerhalb der Sozialdemokratie scharfe Kritik an Corbyn gibt, ist den Machern von „#CorbynEinladen!“ durchaus bewusst. „Man muss ihn ja nicht toll finden und wir wollen den Mann auch nicht heiraten. Aber Anregungen von ihm würden uns schon gern einholen“, so Leudesdorff. Auf der Suche der SPD zurück in die Erfolgsspur, davon ist der Juso-Sprecher überzeugt, kann ein Mann wie Jeremy Corbyn sicher nicht schaden.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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