Bundestagswahl: Warum die SPD in Ostdeutschland im Aufwind ist
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7,7 Prozent, 8,2 Prozent, 8,4 Prozent. Das waren die Ergebnisse der SPD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen 2019 sowie in Sachsen-Anhalt in diesem Jahr. Die SPD und Ostdeutschland, das schien nicht mehr recht zusammenzupassen – auch wenn die Sozialdemokrat*innen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg seit langem die bzw. den Ministerpräsidenten stellen.
Wenige Tage vor der Bundestagswahl hat sich das Blatt gewendet. Nicht nur bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, die ebenfalls am Sonntag stattfinden, liegt die SPD in den Umfragen (deutlich) vorn. Auch in den nach Bundesländern aufgeschlüsselten Umfragen zur Bundestagswahl erleben die Sozialdemokrat*innen einen ostdeutschen Höhenflug.
Themen, die das Leben der Ostdeutschen verbessern
In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg liegt die SPD mit 31 bzw. 29 Prozent deutlich vorn und auch in Thüringen überflügelt sie mit 21 Prozent die CDU. Und in Sachsen liegt sie in der jüngsten Umfrage mit 18 Prozent gleichauf mit der Union. Im August hatte sie noch 14 Punkte zurückgelegen. „Die Umfragen der letzten Wochen zeigen: Olaf Scholz und die SPD bekommene auch aus Sachsen Zustimmung und Unterstützung“, sagt der Generalsekretär der sächsischen Sozialdemokrat*innen, Henning Homann.
Zudem liege Olaf Scholz bei der Frage nach dem überzeugendsten Spitzenkandidaten auch in Sachsen deutlich vor. „Deutlich wird in der Umfrage zudem, dass die Menschen in Sachsen Lösungen wollen in den Bereichen Rente und soziale Absicherung, Wirtschaft und Arbeitsplätze sowie Klimaschutz“, ist Homann überzeugt. Das sieht Georg Maier ganz ähnlich. „Mit den Themen Mindestlohn von zwölf Euro und sichere Rente stehen wir für Themen, die eine konkrete Verbesserung der Lebenssituation vieler in Ostdeutschland bedeuten“, sagt der Vorsitzende der Thüringer SPD.
Gerade in Ostdeutschland hätten schon viele Umbrüche und Herausforderungen bewältigt werden müssen. Die Menschen erwarteten von der Politik Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit. „Dies ist der SPD und vor allem Olaf Scholz gelungen“, sagt Maier. „Wenn wir diese Versprechen einlösen, kann die SPD zu alter Stärke zurückfinden.“
Dulig: Es geht um Respekt
Für den Ostbeauftragten der SPD, den sächsischen Parteivorsitzenden Martin Dulig, ist das Wiedererstarken der Sozialdemokrat*innen in Ostdeutschland das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses. „Wir haben in den letzten Jahren als SPD viel aus den gesellschaftlichen Debatten über Ostdeutschland gelernt“, sagt Dulig, der seit Jahren mit einer „Küchentisch-Tour“ in Sachsen unterwegs ist. „Wir haben verstanden: Es geht um Respekt im gegenseitigen Miteinander, um Respekt vor der Leistung der hart arbeitenden Menschen, die oft wenig Anerkennung bekommen“, sagt Dulig.
Der Begriff des Respekts, der eine Art Leitmotiv für den Wahlkampf von Olaf Scholz ist, hätte demnach in Ostdeutschland eine besondere Bedeutung, die auch Frank Junge hervorhebt. „Unser Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat mit dem Begriff des Respekts die Herzen der Menschen im Osten erreicht“, ist der Vorsitzende der Landesgruppe Ost der SPD-Bundestagsfraktion überzeugt. Doch auch die Themen, die Scholz und die SPD im Wahlkampf in den Vordergrund stellen, kämen in Ostdeutschland an. „Wir haben die hier so wichtigen sozialpolitischen Themen wie die Angleichung der Löhne und der Renten als unsere zentralen Anliegen im Wahlkampf immer wieder betont.“
Doch auch Olaf Scholz als Person scheint die Menschen in Ostdeutschland zu überzeugen. „Olaf Scholz wird zugetraut, die wichtigsten Themen anzupacken“, hat Martin Dulig beobachtet. „Er kennt ostdeutsche Geschichten aus der Zeit, als er in den Neunzigern als Arbeiter-Anwalt tausende Jobs gerettet hat.“ Das verleihe ihm große Authentizität. Mit Blick auf den Wahltag ist Dulig daher überzeugt: „Wir sind als SPD mit unserem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz auf dem Weg, in Ostdeutschland stärkste Kraft zu werden.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.