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Bundestagswahl: So soll die zukünftige Migrationspolitik der SPD aussehen

Am Freitag trifft sich die AG Migration und Vielfalt der SPD in Berlin zur Bundeskonferenz. Dabei geht es um die Zukunft der Migrationspolitik in Deutschland: vom Erhalt des „Doppelpasses“ über den Kampf gegen Rassismus bis zum „Integrationsministerium“.
von Paul Starzmann · 9. Juni 2017
Asyl
Asyl

„Deutschland ist kein Einwanderungsland.“ Wer sich in den Sozialen Netzwerken umschaut, liest diesen Satz häufig. Wenn es um das Thema Migration geht, gibt es noch immer viele, die ihre Augen vor der Realität fest verschließen. Obwohl die Bundesrepublik mindestens seit Jahrzehnten kulturell wie wirtschaftlich von der Migration profitiert, glauben manche Konservative und viele Rechte noch immer, Deutschland brauche keine Zuwanderung.

„Ja“ zum Asylrecht – Raus aus der großen Koalition

Die SPD ist da bedeutend weiter. Seit vier Jahren gibt es in der Partei die Bundesarbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt. Die erste Landes-AG wurde in Berlin bereits 1997 gegründet. „In der Parteienlandschaft ist unsere Arbeitsgemeinschaft weiterhin einzigartig und ein wichtiger Akteur der Sozialdemokratie,“ erklärt der 14-köpfige Bundesvorstand im aktuellen Rechenschaftsbericht. In der Union sei das Thema Migration hingegen noch nicht richtig angekommen – die Konservativen stellten etwa das Asylrecht „permanent in Frage“. Deshalb laste auf den Migrationspolitikern der SPD eine umso größere Verantwortung, sagen sie. Dieser wollen sie bei ihrer zweitägigen Bundeskonferenz im Willy-Brandt-Haus nun gerecht werden.

Die Stoßrichtung ist klar: Der AG-Bundesvorstand will raus aus der großen Koalition, um nach der Bundestagswahl eine moderne Migrationspolitik durchsetzen zu können. „Die SPD kann beim Thema Migration die Unterschiede zur Union deutlich machen“, sagt Aziz Bozkurt, der bisherige und designierte Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft. „Die SPD ist die Partei für die Einwanderungsgesellschaft.“ Dies soll nach dem Willen der Arbeitsgemeinschaft auch im SPD-Wahlprogramm deutlich zu erkennen sein. Deshalb will Bozkurt eine Reihe migrationspolitischer „Highlights“ hervorheben, wie er sagt.

„Integrationsministerium“: Mitverhandeln am Kabinettstisch

So fordert die AG in ihrem 86-seitigen Antragsbuch zur Bundeskonferenz eine  „Neuordnung der Zuständigkeiten auf Bundesebene für Integrations- und Migrationspolitik“. Konkret bedeutet das die Schaffung eines „Integrationsministeriums“. Bisher werden Fragen der Einwanderung von verschiedenen Institutionen wie dem Innenministerium oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) behandelt. Das wollen Aziz Bozkurt und der AG-Vorstand ändern. Die Zuständigkeiten sollen in Zukunft zentralisiert werden. So soll die Migrationspolitik als eigenes Thema am Kabinettstisch verhandelt werden – anstatt über verschiedene Ressorts verteilt zu sein.

Nach dem Willen des AG-Bundesvorstands soll sich die SPD in Zukunft außerdem für ein „Teilhabe- und Integrationsgesetz“ stark machen. Der Zweck: „die Pflichten und Aufgaben sowohl der neuen wie alten Einwohnerinnen und Einwohner festzuschreiben“. Allen Menschen soll dadurch Teilhabe ermöglicht werden: „Ein Land, in dem die Herkunft keine Rolle mehr spielt, wenn es um Partizipationschancen geht, ist das Ziel einer progressiven Politik,“ heißt es im Antragstext.

Racial Profiling stoppen, Doppelpass erhalten

Entsprechend dieser Zielsetzung spielt auch das Thema Anti-Diskriminierung eine wichtige Rolle bei der Bundeskonferenz. So fordert die Landes-AG Berlin ein Ende rassistisch motivierter Polizeikontrollen, des sogenannten Racial Profiling. Die Bekämpfung rechter Gewalt steht ebenso auf dem Programm der Bundeskonferenz wie die Forderung, den „Doppelpass“ zu erhalten. Verschiedene Landesarbeitsgemeinschaften wollen außerdem einen längerfristigen Abschiebestopp nach Afghanistan durchsetzen. Das Land sei nicht sicher, sagen sie.

Auch hier stellen die sozialdemokratischen Migrationspolitiker den Unterschied ihrer Forderungen zu den Positionen der Union heraus: Im Gegensatz zur SPD nehmen die Konservativen noch immer an, Afghanistan sei sicher genug, um Flüchtlinge dorthin abzuschieben. Aber viele bei CDU und CSU denken ja auch noch immer, Deutschland sei gar kein Einwanderungsland.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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