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Bijan Kaffenberger: „Ich fand es langweilig, nur über den SPD-Politiker mit Tourette zu schreiben“

Seit zwei Wochen sitzt Bijan Kaffenberger als jüngster SPD-Abgeordneter im Hessischen Landtag. Bundesweit bekannt wurde der 29-Jährige durch den offenen Umgang mit seiner Tourette-Krankheit. Nun hat er ein Buch geschrieben, mit dem er jungen Menschen Politik näherbringen möchte. Es handelt von Kaninchen, dem Passierschein A38 und dem bedingungslosen Grundeinkommen.
von Jonas Jordan · 30. Januar 2019
Bijan Kaffenberger als Schirmherr der jährlichen Jungtierschau beim Eberstädter Kaninchenzuchtverein von 1906.
Bijan Kaffenberger als Schirmherr der jährlichen Jungtierschau beim Eberstädter Kaninchenzuchtverein von 1906.

Sie wurden im Oktober mit 29 Jahren als jüngster SPD-Abgeordneter direkt in den Hessischen Landtag gewählt. Nun ist Ihr Buch mit dem Titel „Was machen Politiker eigentlich beruflich?“ erschienen. Worum geht‘s?

Bijan Kaffenberger: Es ist eine Mischung aus klassischer Staatsbürgerkunde, autobiografischen Elementen und meinen politischen Positionen, auch mit Blick auf die eigene Partei. Ich glaube, es zeigt ganz gut die Vielseitigkeit des Politikberufs.

Wie kamen Sie auf die Idee zu diesem Buch?

Erst wollte ich etwas Autobiografisches zu schreiben, fand das aber langweilig, nur über den SPD Politiker mit Tourette zu schreiben. Deswegen wollte ich lieber ein Buch für junge Leute schreiben, um ihnen Politik näher zu bringen. Es richtet sich vor allem an junge Menschen, die sich kein normales politisches Sachbuch kaufen..

Ihr Buch trägt den Untertitel „Fragen an die da oben“. Seit Kurzem sitzen Sie selbst im Landtag. Wie ist es, zu denen da oben zu gehören?

Der Titel ist mit einem Augenzwinkern gemeint. Es gibt natürlich den einen oder anderen abgehobenen Politiker, aber ich hoffe, dass das auf mich nicht zutrifft. Ich denke, ich habe mich in den vergangenen zwei Wochen seit ich im Landtag bin nicht groß verändert, außer dass ich zwei Wochen älter geworden bin.

Sie waren bisher in einem Ministerium tätig und haben Ihre Arbeit dort im Buch humorvoll mit der Suche nach Passierschein A38 bei Asterix und Obelix verglichen. Welche bürokratischen Hindernisse mussten Sie bei Ihrem Start als Landtagsabgeordneter überwinden?

Grundsätzlich ist die Arbeit als Landtagsabgeordneter viel freier. Ich kann meine Tätigkeit organisieren, ohne mich einem bürokratischen Apparat zu unterwerfen. Trotzdem ist es auch in meinem neuen Job ein großer Verwaltungsaufwand. Ich muss zigtausend Formulare ausfüllen, um erst mal elektronische Geräte oder ein Büro zu bekommen. Bisher warte ich noch darauf.

Was wollen Sie anders organisieren als andere Abgeordnete?

Ich strebe ein papierloses Büro an. Den Bürgermeistern in meinem Wahlkreis habe ich schon mal angekündigt, dass sie Schreiben von mir künftig nur per E-Mail erhalten werden. Natürlich weiß ich nicht, ob die Kommunalverwaltungen dann mitspielen oder die E-Mails am Ende doch wieder ausdrucken.

Sie schreiben im Buch auch über den Beginn Ihrer politischen Karriere. Überspitzt formuliert könnte man sagen, da ähneln sich Politik und Journalismus. Am Anfang muss jeder erst mal zum Kaninchenzüchterverein. Wie war es für Sie?

Mein liebster Verein ist der Eberstädter Kaninchenzuchtverein von 1906. Beim ersten Besuch wurde ich noch etwas kritisch beäugt, aber offenbar habe ich mich bewährt. Denn beim zweiten Mal war ich Schirmherr der jährlichen Jungtierschau und durfte einen Hasen auf dem Arm halten. Das Bild sieht man auch im Buch. Ich würde sagen, der Unterschied zwischen Journalismus und Politik ist, dass es für mich zum Geschäft gehört, immer wieder zum Kaninchenzüchterverein zu gehen. Das mache ich gerne. Der in Ober-Ramstadt veranstaltet sogar seit 10 Jahren ein Eisstockschießen. Das sind einfach wichtige Vereine in meinem Wahlkreis, ebenso wie die Karnevals- oder Sportvereine.

In Ihrem Buch beantworten Sie 23 an Sie gerichtete Fragen zu politischen Begriffen und Ihrem Werdegang. Wie kamen diese Fragen zustande?

Es ist ein bunter Mix aus klassischen Fragen, die mir häufiger mal auf Terminen gestellt werden. Stellenweise habe ich mir die Fragen aber auch selbst gestellt, es ist also eine Art Selbstgespräch.

Welche Frage war die spannendste?

Von vielen Bekannten und Lesern wurde ich auf meine Antwort zum Grundeinkommen angesprochen. Wahrscheinlich ist es die Antwort, die am wenigsten zum Bild passt, die viele von mir als jungem Politiker haben.

Wie ist Ihre Position?

Ich bin gegen das bedingungslose Grundeinkommen. Ich mag einen aktiven Sozialstaat. Der muss an vielen Stellen besser werden, aber ich lasse lieber dem Staat das Geld als es mit der Gießkanne auszuschütten. Warum sollte ich als Landtagsabgeordneter auch zusätzlich 1.000 Euro pro Monat bekommen? Was mich an der Debatte aber grundlegend ärgert, ist, dass sowohl Gegner als auch Befürworter des Grundeinkommens argumentieren, dieses würde zu einer Verhaltensänderung der Betroffenen führen. Das lässt sich wissenschaftlich gar nicht überprüfen.

Welche Frage fehlt in Ihrem Buch? Gibt es noch einen zweiten Teil?

Sag niemals nie. Es gibt viele Fragen, die noch fehlen. Außerdem habe ich gemerkt, dass ich gerne schreibe.

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Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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