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Berliner Juso-Chefin will auf dem Mittelmeer Flüchtlinge retten

Knapp 2.400 flüchtende Menschen sind bislang allein in diesem Jahr auf dem Mittelmeer ertrunken. Annika Klose will etwas dagegen tun und beteiligt sich an der Rettungsmission „SeaEye“. Ein Gespräch über Ziele, Forderungen und „humanitäre Katastrophen“.
von Robert Kiesel · 4. August 2017

Frau Klose, Sie fliegen am 15. August nach Malta und wollen an Bord eines alten Kutters Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten. Wie soll das ablaufen?

Die „SeaEye“ legt am 20. August ab und macht sich auf die 30-stündige Reise vor die Küste Libyens. Dort versuchen wir - eine Crew aus neun ehrenamtlichen Helfern - Menschen in Seenot zu retten. Unsere Aufgabe ist die Erstversorgung. Wir geben ihnen Rettungswesten, versorgen sie mit Trinkwasser, nehmen akute medizinische Notfälle an Bord. Später werden die Menschen durch größere Schiffe aufgenommen und nach Italien gebracht.

Wann haben Sie sich dafür entschieden, an der Rettungsmission teilzunehmen?

Die Entscheidung fiel Mitte Juni. Damals spielte das Thema scheinbar keine Rolle, trotz steigender Zahlen ertrinkender Menschen und einsetzendem Bundestagswahlkampf. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten, immer nur zuzugucken. Gleichzeitig will ich mit meiner Teilnahme dafür sorgen, das Thema wieder auf die politische Agenda zu setzen.

Mit seiner Reise nach Catania hat Martin Schulz die Flüchtlingspolitik zum Wahlkampfthema gemacht. Ein überfälliger Schritt?

Absolut, das war zwingend nötig. Die Debatte über die Verteilung der flüchtenden Menschen muss geführt werden. Es ist nicht solidarisch, wenn Italien allein die Hauptlast schultern muss. Darüber hinaus muss sich die SPD dafür einsetzen, dass sich kein Mensch auf der Flucht in Lebensgefahr begeben muss.

Durch Flüchtlingslager in Libyen, wie jüngst von Boris Pistorius ins Gespräch gebracht?

Nein. Die Situation in den libyschen Flüchtlingscamps ist unmenschlich, eine humanitäre Katastrophe. Ich bin davon überzeugt, dass die Einrichtung von Camps das Problem nicht lösen wird. Das Schließen einer Fluchtroute führt zur Suche nach neuen Wegen, die im Zweifel noch gefährlicher sind. Mit der Abriegelung der Fluchtwege löst man das wahre Problem nicht. Fluchtursachen müssen bekämpft werden, nicht die flüchtenden Menschen.

Zuletzt stieg der Druck auf Hilfsmissionen wie die „SeaEye“, am Mittwoch wurde das Schiff von „Jugend rettet!“ beschlagnahmt. Bestärken Sie diese Vorfälle oder machen sie Ihnen eher Sorge?

Mein Engagement ist ein klares Statement zur Unterstützung dieser Missionen und ich fühle mich durch die laufenden Debatten darin bestärkt, „SeaEye“ zu unterstützen. Die Vorwürfe, die ehrenamtlichen Seenotrettern gemacht werden, dienen der Kriminalisierung von humanitärer Hilfe, die meiner Ansicht nach eine menschliche Pflicht ist.

Info: Wenn möglich während, in jedem Fall aber nach ihrem Einsatz auf der „SeaEye“ wird Annika Klose auf Youtube und Facebook über ihre Erlebnisse berichten. Wir werden, so möglich, während des Einsatzes ein weiteres Interview mit ihr führen und auf vorwärts.de veröffentlichen.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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