Parteileben

In Bassum ist die SPD am Zug

Wer mit dem Zug nach Bassum fährt, kommt an der SPD nicht vorbei. Im alten Bahnhofsgebäude hat der niedersächsische Ortsverein einen „Marie-Juchacz-Treff“ eingerichtet. Am Samstag wurde er offiziell eröffnet – mit Sigmar Gabriel als Ehrengast.
von Kai Doering · 18. Mai 2019
Von Gleis eins direkt zur SPD: In Bassum sind die Sozialdemokraten mit dem Marie-Juchacz-Treff ins alte Bahnhofsgebäude gezogen.
Von Gleis eins direkt zur SPD: In Bassum sind die Sozialdemokraten mit dem Marie-Juchacz-Treff ins alte Bahnhofsgebäude gezogen.

Oft sind es die kleinen Dinge, die am meisten auffallen. Am Bahnhof in Bassum sind es weiße DIN-A-4-Zettel, quer bedruckt. „Herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag, liebes Grundgesetz“ steht in roten Buchstaben darauf und etwas kleiner: „8. Mai 1949: Annahme des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat“. „Auf die Zettel haben uns schon viele angesprochen“, sagt Christoph Lanzendörfer. Er ist Vorsitzender der SPD- Fraktion im Bassumer Stadtrat.

Die SPD-Grundwerte an der Wand

Seit November vergangenen Jahres hat die SPD in Bassum einen Teil des Bahnhofsgebäudes gemietet. Wer auf Gleis eins aus Bremen ankommt, steigt direkt davor aus dem Zug – und sieht die Grundgesetz-Glückwünsche in den Fenstern kleben. Im Inneren des Backsteingebäudes ist ein heller Raum, zwei Sofas, in den Fensterbänken stehen Kerzen und Europafähnchen. An der Wand neben der Tür hängt es großes Transparent. „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“ steht dort weiß auf Rot – die Grundwerte der SPD.

Hier, im „Marie-Juchacz-Treff“, kommt die Bassumer SPD zu ihren Versammlungen zusammen, die Ratsfraktion trifft sich. Auch die örtliche Arbeiterwohlfahrt nutzt den Raum. An diesem Samstagnachmittag ist alles etwas anders, denn der Ortsverein hat zum „3. Manfred-Krause-Symposium“ eingeladen. Benannt ist es nach einem Bassumer Kommunalpolitiker, der 2003 verstorben ist. „Die Veranstaltung soll die Erinnerung an ihn wachhalten“, sagt die Ortsvereinsvorsitzende Luzia Moldenhauer. Und da der „Marie-Juchacz-Treff“ bisher noch nicht offiziell eingeweiht wurde, wird das an diesem Nachmittag gleich nachgeholt.

Aus der Provinz durch die Weltpolitik

Als Ehrengast ist Sigmar Gabriel angereist. Es ist sein dritter Besuch in Bassum. Beim ersten war er Ministerpräsident von Niedersachsen. Ein Foto davon steht in einem goldenen Rahmen im Regal. „Es ist eine interessante Idee, eines Kommunalpolitikers zu gedenken“, sagt Gabriel. Sonst würden ja immer nur „die Großkopferten“ mit Gedenkveranstaltungen bedacht. Dabei seien Kommunalpolitiker diejenigen, die am nächsten dran seien an den Problemen – „und das auch noch ehrenamtlich nach der Arbeit“.

Dann springt der frühere SPD-Vorsitzende und Bundesaußenminister aus der niedersächsischen Provinz auf die Weltbühne. Er erzählt von sich verschiebenden Handelsachsen, von den USA und China, die drohten Europa außen vor zu lassen, und Trump und Putin. „Es wird eine unbequemere Welt, in der unsere Kinder nur eine Chance haben, wenn wir zusammenhalten“, mahnt Gabriel. Auch deshalb sei die Europawahl am 26. Mai so wichtig.

Die SPD in Bassum – sachlich. Und emotional

Während Gabriel spricht, rumpeln draußen ab und an Züge vorbei. Immer mal wieder gucken Leute durch die Fenster. Ob sie sich wundern, den Spitzenpolitiker auf dem Weg zu ihrem Zug zu sehen, ist nicht zu erkennen. Drinnen im „Marie-Juchacz-Treff“ lauschen Vertreter städtischer Initiativen von der „Tafel“ bis zum Technischen Hilfswerk den Ausführungen des Ex-Außenministers und des Ratsfraktionsvorsitzenden Christoph Lanzendörfer.

„Zurzeit trifft die Entsolidarisierung des Neoliberalismus auf blanken Nationalismus“, analysiert er. Das führe bei den Menschen zuerst zu Angst und schließlich zu Wut. „Wut ist aber nie ein guter Ratgeber“, so Lanzendörfer. In Bassum setzen sie deshalb auf Emotionen. „Wir erreichen die Menschen nur mit Gefühlen“, ist Lanzendörfer sicher. Das Motto der Bassumer SPD, das auch auf einem roten Banner im „Marie-Juchacz-Treff“ steht, lautet deshalb schon seit langem: „Die SPD in Bassum – sachlich. Und emotional“.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare