Barbara Hendricks: „Das wichtigste ist Glaubwürdigkeit.“
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Die 27 Jahre, die Barbara Hendricks Bundestagsabgeordnete der SPD war, waren prägend für ihr Leben. Andererseits hatte sie, als sie mit 42 Jahren 1994 in den Bundestag gewählt wurde, schon einiges an beruflicher Erfahrung hinter sich. „Natürlich wird es für mich ein großer Einschnitt sein, wenn ich am Ende dieser Wahlperiode nicht mehr kandidieren werde“, betont die promovierte Historikerin.
Besonderer Augenblick: das Pariser Klimaschutzabkommen
Das bedeutendste Ereignis ihrer politischen Laufbahn sei gewesen, dass sie 2015 das Pariser Klimaschutzabkommen verhandelt habe, erklärt Hendricks. „Natürlich nach einer langen gemeinsamen Vorbereitung mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, fügt sie hinzu. „Aber diese 14 Tage Verhandlungen in Paris waren schon historisch“, erinnert sich die von 2013 bis 2018 amtierende Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Und es sei eben eine besondere Ehre gewesen, vor der UNO in New York das Klimaschutzabkommen für die Bundesrepublik unterzeichnen zu können. Darüber hinaus sei es ein riesiger Erfolg gewesen, auf dem auch die heutige deutsche und europäische Klimaschutzpolitik beruht. „Gleich 2016 hat die Bundesregierung den deutschen Klimaschutzplan verabschiedet und daraus ist dann in dieser Legislaturperiode unser Klimaschutzgesetz geworden.“
Es gebe im Umwelt- und Naturschutz immer vieles, wo man gerne mehr bewirken möchte, sagt sie. Doch hat sie in ihrem politischen Leben nicht ausschließlich Umweltschutzpolitik gemacht, sondern war viele Jahre lang Finanzpolitikerin, darunter neun Jahre lang als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundeminister der Finanzen. „Eine sehr erfolgreiche Zeit“, erklärt sie. „Wir haben in dieser Zeit eine vernünftige Steuerpolitik gemacht und z.B. das gleiche Kindergeld für alle eingeführt.“ Auch die Einführung der Riesterrente zählt sie dazu, die „vom Ansatz her vernünftig ist, auch wenn sie jetzt nicht mehr gut funktioniert“. Und auch den Solidarpakt II und damit die Finanzierung der neuen Bundesländer zwischen 2005 und 2019, die zweiten 15 Jahre nach der Wiedervereinigung an gerechnet, habe man in dieser Zeit auf den Weg gebracht.
Hendricks: Es fehlt eine gerechte Erbschaftssteuer
„Was leider weiterhin fehlt, ist eine gerechte Erbschaftssteuer“, bedauert sie. Die würde ihrer Meinung nach helfen, die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland abzumildern. Das sei zum einen wichtig, um der Gerechtigkeit willen, so Hendricks. „Aber es ist inzwischen auch klar, dass Ungleichheit nicht zu den besten wirtschaftlichen Ergebnissen führt“, sagt Hendricks. Deshalb sei es so enorm wichtig, eine vernünftige Erbschaftsbesteuerung zu haben, um die Vermögensverteilung nicht weiter auseinandergehen zu lassen. „Das fehlt mir. Natürlich hat die Union wieder nicht mitgemacht. Ist ja klar.“
Als bedauerlich empfand sie auch die frühzeitige Auflösung des Bundestags 2005 und das daraus resultierende Ende der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder nach den vorgezogenen Neuwahlen. Ihrer Meinung nach hätte man besser bis 2006 „weiter regiert, auch wenn wir 2005 die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen verloren hatten und zuvor die Wahl von Heide Simonis zur Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein gescheitert war.“ Für sie bis heute „keine gute Entscheidung. Viele gute Ergebnisse der von uns geführten Koalition sind dann der neuen Kanzlerin als Erfolg zugeschrieben worden.“
„Werde ganz normales Parteimitglied sein“
Auf ihren Ausstieg aus dem Bundestag hat Hendricks sich gut vorbereitet. Nachfolger in ihrem Wahlkreis ist der 47-jährige Familienvater Bodo Wißen. Das wichtigste sei Glaubwürdigkeit, sagt sie, die habe er auf jeden Fall. „Und er hat sowohl beruflich als auch ehrenamtlich viel Erfahrung in der Kommunal- und Landespolitik.“
Hendricks selbst ist schon lange auch ehrenamtlich engagiert, beispielsweise im Vorstand der Friedrich-Ebert-Stiftung. „Da habe ich jetzt etwas mehr Zeit, um Aufgaben zu übernehmen“, sagt sie. In ihrem Heimatkreis sitzt sie im Aufsichtsrat der Katholischen Kliniken und ist neuerdings ehrenamtliche Präsidentin des Europäischen Übersetzungskollegs in der kleinen Stadt Straelen. Auch ist sie im Stiftungsrat der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und leitet im Zentralkomitee der Katholiken den Fachbereich nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung. Das sei natürlich auch eine politische Aufgabe, betont sie. „Ich mache nicht im engeren Sinne Parteipolitik, aber ich bin weiterhin Mitglied in meinem Ortsverein“, fügt sie hinzu. Sie übernehme gerne Aufgaben, die ihr von den Themen her naheliegen. Ansonsten, so Hendricks, „werde ich ganz normales Parteimitglied sein.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.