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AWO: Martin Schulz erhält Heinrich-Albertz-Friedenspreis

Für sein politisches Wirken hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz den AWO-Friedenspreis erhalten. Bei der Preisverleihung in Berlin ging es auch um seine politische Zukunft. Die K-Frage wurde jedoch nicht direkt angesprochen.
von Paul Starzmann · 14. Oktober 2016
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Es sieht nicht gut aus im Moment für die europäische Union: Die Briten steigen endgültig aus, in Ungarn wird langsam aber sicher der Rechtsstaat abgeschafft, die gesamte Union steht vor einer Zerreißprobe. Was die EU zur Zeit erlebt, sei „an Dramatik kaum zu überbieten“, sagte Martin Schulz, Präsident des Europa-Parlaments, am Freitag in Berlin. Wer ihn kennt, der weiß: Würde das Projekt Europa scheitern, kaum jemanden würde dies härter treffen als den SPD-Politiker Schulz.

Schröder: Schulz soll Parlamentspräsident bleiben

„Martin Schulz ist ein großer Europäer“, sagte Altkanzler Gerhard Schröder als Laudator bei der Verleihung des Heinrich-Albertz-Friedenspreises im Roten Rathaus von Berlin. Schulz zeichne vor allem sein „kraftvoller, energischer und manchmal auch unbequemer Einsatz gegen die Betonung von Partikularinteressen, gegen Rassismus, rücksichtlosen Populismus und Rechtsextremismus“ aus, so Schröder. In der Tat legt sich Schulz immer wieder mit den Rechtsradikalen im Europaparlament an: So machte er etwa Schlagzeilen, als er im März 2016 einen griechischen Neonazi aus dem Straßburger Plenarsaal werfen ließ.

Kein Wunder, dass Schulz beliebt ist in der SPD. Ja, er gilt sogar als europäischer Ausnahmepolitiker. Nicht nur kann er sich fließend in sechs Sprachen verständigen. Er „gehört zu den ganz wenigen Politikern in Deutschland, die es ohne Abitur und Studium bis ganz nach oben geschafft haben“, wie Gerhard Schröder betonte. So passt es auch, dass der Name Schulz immer wieder auftaucht, wenn es um die berühmte K-Frage geht – die Frage nach dem Kanzlerkandidaten der SPD. Dazu wurde bei der Verleihung des AWO-Friedenspreises nichts gesagt. Ex-Kanzler Schröder sprach sich lediglich dafür aus, Schulz’ Amtszeit als EU-Parlamentspräsident zu verlängern: Die Europa-Abgeordneten „wären gut beraten, dass er dieses Amt über das Jahr 2017 hinaus weiter ausübt“, findet Schröder. Dabei sollten die Parlamentarier ihre „Parteiegoismen ganz, ganz schnell vergessen“.

Schulz: „Manchmal ist mir das richtig peinlich“

Angesichts Schröders schmeichelnder Worte zeigte sich der Preisträger etwas peinlich berührt. Aus einem ganz bestimmten Grund aber sei er sehr dankbar, den AWO-Preis zu erhalten: „Weil er Friedenspreis heißt“. Der Frieden in Europa sei alles andere als eine Selbstverständlichkeit, findet Schulz. Da die EU an erster Stelle ein Projekt zur Friedenssicherung sei, müsse die europäische Einheit gerade in der heutigen Zeit verteidigt werden. Im EU-Parlament säßen rund 100 euro-skeptische oder anti-europäische Abgeordnete, gab Schulz zu bedenken. Deren Reden und Parolen erinnerten „an unselige Zeiten“. Die rechten EU-Gegner von Marine Le Pen bis Nigel Farage zeigten die „Rhetorik der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts“. Wenn das Wirklichkeit werde, was die Rechten in Europa „schon jetzt rhetorisch ausfüllen“, gehe die EU unter, fürchtet der SPD-Politiker.

Um die Feinde der Demokratie in Europa zu bekämpfen, müssten vor allem die europäischen Grundfreiheiten gestärkt werden, forderte Schulz. Die Reisefreiheit in der EU dürfe nicht eingeschränkt werden, so dass nur noch Waren und Kapital ungehindert die europäischen Grenzen passieren könnten. Europäische Politik müsse vielmehr wieder die Menschen in den Mittelpunkt stellen – ansonsten könne das Projekt EU die Bürger nie langfristig überzeugen. Wichtig sei auch, die ökonomischen Kräfte innerhalb Europas zu bündeln. „Kein Land wird alleine die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistern“, analysierte Schulz und rief dazu auf, die „transnationale Demokratie“ zu mobilisieren.

Es gibt eine Alternative zur EU

Dabei gebe es sehr wohl eine Alternative zur EU, sagte Schulz: Die komplette „Renationalisierung“ Europas, wie sie von den Rechtspopulisten gefordert wird. Für einen glühenden Europäer wie den SPD-Politiker Martin Schulz kommen solche Pläne aber natürlich nicht in Frage.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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