Ausscheidende SPD-Abgeordnete: Unvergessliche und sehr schwierige Momente
KASER.
Nach 31 Jahren parlamentarischer Arbeit wird Franz Thönnes (63) nicht mehr als Abgeordneter in das Reichstagsgebäude zurückkehren. Acht Jahre gehört er dem Kreistag im holsteinischen Storman an, 23 Jahre dem Bundestag. Seine einflussreichste Zeit sind von 2002 bis 2009 die Jahre als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheits- und im Bundesarbeitsministerium.
Wenn er auf das Erreichte blickt, sind für ihn das Wichtigste „die Namensgebung und der neue Förderansatz im Job-AQTIV-Gesetz von 2001“ sowie 2011 die Gründung des Baltic Sea Labour Forums für den sozialen Dialog von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Als schönsten Moment sieht er seine Rede im Namen der gesamten EU im Saal der Vereinten Nationen in New York bei der Unterzeichnung der UN-Behindertenkonvention 2007.
Franz Thönnes: Heikles Thema Rente mit 67
Die Verabschiedung der Rente mit 67 war für Franz Thönnes im Bundestag „politisch schwierig als Gewerkschafter“. Dennoch hält er die Entscheidung „nach wie vor für richtig“. Doch hätte er es gerne gesehen, wenn dabei mehr für die Humanisierung der Arbeit getan worden wäre.
Würde ihn sein Nachfolger im Bundestag um einen Rat bitten, hätte er diesen: „Wenn du in der Fraktion etwas sagst und der Lärmpegel bleibt gleich, ist es gar nicht so schlecht. Wenn es ganz leise wird, dann sagst du etwas sehr wichtiges und wenn es lauter wird, dann höre besser bald auf!“
Künftig „Hobby-Rezitator von Kurt Tucholsky“
Künftig will Franz Thönnes das mehr an Zeit für sich und seine Frau genießen. Nun freut er sich neben den Ehrenämtern bald öfter als „Smut“ auf einem dänischen Traditionsschiff zu segeln und „als Hobby-Rezitator von Kurt Tucholsky“ tätig zu sein.
Für Andrea Wicklein (59) war es immer „besonders wichtig, eine Politikerin zu sein, die nah bei den Menschen ist und die Lösung von Problemen vor Ort aktiv unterstützt“. 15 Jahre hatte die Potsdamerin dazu als Bundestagsabgeordnete die Chance. Nun kandidiert sie nicht erneut und zieht eine positive Bilanz.
Andrea Wicklein: Den Menschen helfen
Sie wollte den Menschen im Wahlkreis helfen – „durch die richtigen Gesetze, Förderprogramme oder eigene Initiativen. Ich denke, unterm Strich ist das gut gelungen.“ Ihr Wahlkreis 61 habe sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt.
Zu den schönsten Erinnerungen gehört für die Sprecherin der Landesgruppe Brandenburg in der SPD-Bundestagsfraktion eine Diskussion. Zu der hatte sie „unglaublich viele Schornsteinfeger in voller Montur“ ins Parlament eingeladen. „Ein für mich unvergesslicher Tag, der wichtig war für mich und am Ende auch für ein gutes Gesetz.“
Agenda 2010 – umstritten aber nötig
Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihr auch, wie Bundeskanzler Gerhard Schröder im Bundestag „die zum Teil umstrittenen aber notwendigen Reformen der Agenda 2010“ vorstellte. „Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.“ Für Andrea Wicklein war „dieses wohl bedeutendste Reformprojekt überfällig für unser Land“. Aber: „Es war auch einer der schwierigsten Momente.“
Auch wenn sie nun aus dem Bundestag ausscheidet, „Politik wird immer ein wichtiger Bestandteil meines Lebens bleiben“. Wo nötig, will sie sich weiter einmischen. Zugleich freut sie sich, mehr Zeit für die Familie zu haben, „für meine 92-jährige Mutter, meine zwei Enkelkinder und die Freunde, die in all den Jahren viel zu kurz gekommen sind.“