Auftritt in München: Olaf Scholz' Programm für bezahlbares Wohnen
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Weiß-blau der Himmel und rot die Fahnen auf dem Marienplatz: Bessere Bedingungen für einen SPD-Kanzlerkandidaten in München gibt es wohl nicht. So war das Herz der Metropole, wo sonst der FC Bayern gefeiert wird, voller Genoss*innen und neugieriger Menschen, die Olaf Scholz, ihren Hoffnungsträger für eine neue Politik, hören und sehen wollten. Viele Besucher*inen der Großkundgebung der SPD hatten rote Fahnen, rote Transparente und rote FFP2-Masken dabei.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, Münchens Stadtoberhaupt Dieter Reiter und die Spitzen der bayerischen SPD, Florian von Brunn und Ronja Endres, stimmten das Publikum ein und setzten schon mal die Themen vom Kampf gegen den Klimawandel über Arbeitsplätze bis Mieten und Wohnen, attackierten den politischen Gegner („Das größte Problem bei der Digitalisierung ist Andi Scheuer.“ – „Auch Markus Söder kämpft dafür, dass Olaf Scholz Kanzler wird.“) und ernteten gut gelauntes Lachen und Beifall.
Scholz' Programm für bezahlbares Wohnen
Doch als Olaf Scholz gegen 12:15 Uhr die Bühne betrat, ging ein Ruck durch die Reihen: rote Fahnen, lautstarker Jubel und heftiger Applaus – ein herzlicher Empfang für den Spitzenkandidaten, der sich sichtlich darüber freute. „Man spürt es richtig, dass es in Deutschland eine große Erwartung für einen Aufbruch gibt, der nach dem 26. September losgehen wird“, sagte Scholz zu den Besucher*innen.
Bezahlbares Wohnen war an diesem Samstag das große Hauptthema der Kundgebung der „Scholz packt das an“-Wahlkampftour und Scholz hat mit München bestimmt den richtigen Ort gewählt, um sein Fünf-Punkte-Programm „Bezahlbares Wohnen“ vorzustellen. „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass das Leben bezahlbar bleibt“, sagte Scholz unter großem Jubel. Da, wo man lebe und arbeite, müsse man eine gute und bezahlbare Wohnung finden können. „Wir haben ein Problem mit bezahlbarem Wohnraum in Deutschland und das müssen wir ändern“, fügte der Kanzlerkandidat hinzu. Das sei eine zentrale soziale Aufgabe unserer Zeit.
„Wir haben es schon einmal geschafft, dass in Deutschland 800.000 neue Wohnungen in einem Jahr gebaut wurden. Das war 1973.“ Heute seien es gerade mal 300.000. Sein Ziel sei es, dass über viele Jahre hinweg in jedem Jahr bundesweit mindestens 400.000 Wohnungen neu gebaut würden, darunter mindestens 100.000 öffentlich geförderte Wohnung. Nur so sei es möglich, dass es dann wieder ein ausreichendes Wohnungsangebot mit bezahlbaren Wohnungen gäbe.
Ein „Bündnis für bezahlbare Wohnungen“
Dieses Ziel will Scholz als Bundeskanzler mit einem „Bündnis für bezahlbare Wohnungen“ erreichen. Dabei sollen Bundesregierung, Kommunen und Länder, die Bauwirtschaft sowie Mieter- und Vermieterverbände an einem Tisch sitzen und wechselseitige Verpflichtungen vereinbaren, um die großen Investitionshemmnisse zu beseitigen. Nur so ließe sich dem Wohnungsbau die nötige Schubkraft verleihen.
Im Programm für bezahlbaren Wohnraum, das zeitgleich veröffentlicht wurde, führt die SPD dies noch weiter aus: „Der Bund wird seine Investitionen in den sozialen Wohnungsbau sowie in Sanierung und Renovierung fortsetzen.“ Für sozialen Wohnungsbau sollen weiter verbilligte Grundstücke zur Verfügung gestellt werden. In den Bauämtern würde für ausreichend Personal gesorgt und die Planungs- und Genehmigungsverfahren zum Beispiel durch Typengenehmigungen beschleunigt, heißt es unter anderem.
„Bis das gelungen ist, werden wir dafür sorgen müssen, dass uns die Mietpreise nicht durch die Decke schießen“, sagte Olaf Scholz in München. Deshalb müsse es ein Mietenmoratorium für angespannte Wohnungsmärkte geben und gesetzlich festgeschrieben werden, dass die Mieten in den nächsten fünf Jahren nur wenig steigen dürften. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Mietpreisbremse stark wirkt“, so Scholz.
Die dritte Maßnahme, damit Wohnungen bezahlbar blieben, sei eine Beteiligung der Vermieterinnen und Vermieter an den Mehrkosten, durch den neue eingeführten CO2-Preis. „Wir wollen, dass die Mieterinnen und Mieter nicht allein gelassen werden mit den steigenden Preisen für Heizenergie, wir wollen, dass die Vermieterinnen und Vermieter auch ihren Beitrag leisten“, versprach der Kanzlerkandidat.
Eine Gehaltserhöhung für zehn Millionen Menschen
Scholz will zudem gemeinwohlorientierte Vermieterinnen und Vermieter fördern und eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Städtische Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften, gemeinnützige Unternehmen und Stiftungen sollen einen deutlich größeren Anteil des Wohnungsangebots zur Verfügung stellen können. Die Gründung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und -Genossenschaften wolle er deshalb fördern. „Wir müssen auch die Städte und Gemeinden stärken, denn sie sind es, die die Entscheidungen treffen“, fügte er hinzu.
Weitere Themen lagen dem SPD-Spitzenkandidaten am Herzen: Die Beseitigung von Kinderarmut durch ein neues Kindergeld, bessere Ausbildungsförderung und sichere Renten. Mit der SPD werde es keine weitere Anhebung des Renteneintrittsalter geben. Zudem stünden die Sozialdemokrat*innen für ein stabiles Rentenniveau.
Über zwei große Herausforderungen, die er als Bundeskanzler anpacken werde, sprach Scholz zum Schluss: zu verhindern, dass die Gesellschaft weiter auseinanderlaufe und der Klimawandel. Er versprach, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen – was zehn Millionen Menschen ein höheres Einkommen sichere. Und dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wirtschaften werde. Dafür müsse man Tempo machen.
Viel Applaus gab es zum Schluss, ein Heimspiel für die SPD. Für ein Selfie mit dem künftigen Kanzler bildete sich eine lange Schlange von jungen und alten Fans.