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Aschaffenburg: Wo die SPD seit mehr als 50 Jahren erfolgreich regiert

In Aschaffenburg gibt die Sozialdemokratie seit vielen Jahrzehnten den Ton an. Zugleich zeigt die SPD in der unterfränkischen Stadt am Main Flagge gegen rechte Tendenzen.
von Jonas Jordan · 28. September 2023
Gemeinsam Toleranz und Weltoffenheit erstreiten: Die SPD Aschaffenburg nimmt an einem Sternmarsch teil.
Gemeinsam Toleranz und Weltoffenheit erstreiten: Die SPD Aschaffenburg nimmt an einem Sternmarsch teil.

Hier regiert die SPD! Unter diesem Titel läuft nicht nur eine Kampagne im Zuge des bayerischen Kommunalwahlkampfes, sondern das gilt in Aschaffenburg wortwörtlich. Denn in der mehr als 70.000 Einwohner*innen zählenden unterfränkischen Stadt am Main stellt die SPD schon seit 1970 durchgehend den Oberbürgermeister. Aktuell ist das Jürgen Herzing, seit 2020 im Amt. An einem Sonntag Ende Juli steht er auf dem Schlossplatz in der Aschaffenburger Innenstadt und sagt vor 3.500 Menschen: „Wir stehen dafür ein, dass alle Menschen in Aschaffenburg in Freiheit, friedlich und ohne Angst leben können.“

„Aschaffenburg bleibt bunt“ lautet das Motto an diesem Tag. Ein Bündnis aus mehr aus 200 Organisationen – Vereine, Unternehmen, Bands, auch die SPD ist Teil davon – hat dazu aufgerufen, nachdem zuvor vermehrt rechtsextreme Gruppierungen versucht hatten, die Stadt für sich zu vereinnahmen. „Wir haben uns das angeschaut und gesagt, dass es so nicht weitergehen kann. Wir brauchten ein klares Zeichen, dass die nicht die Mehrheit sind, sondern dass Aschaffenburg tolerant, bunt und vielfältig ist“, erklärt Manuel Michniok beim Stammtisch der SPD Aschaffenburg Mitte August. Einmal im Monat treffen sich alle, die möchten, in lockerer Atmosphäre in einer Pizzeria in der Innenstadt. Auch der Wirt Kassra Adloo ist SPD-Mitglied. An diesem Abend ist der Zuspruch groß, 15 Personen sind trotz Sommerferien gekommen. Unter ihnen sind langjährige Mitglieder ebenso wie eine Interessierte, die mehr über die SPD erfahren will: „Hi Julia! Ich bin der Manuel. Wir hatten geschrieben. Schön, dass du da bist“, begrüßt der Vorsitzende sie.

Doppelspitze für 270 Mitglieder

Manuel Michniok und Sophie Peter führen den SPD-Stadtverband Aschaffenburg seit zwei Jahren als Doppelspitze. 270 Mitglieder organisiert in neun Ortsvereinen zählt die Sozialdemokratie in Aschaffenburg. Um diese zu koordinieren, hilft den beiden gegenseitiges Vertrauen, aber auch der sogenannte Organizing-Ansatz.

Den hat die SPD erstmals im Kommunalwahlkampf 2020 erprobt. „Da ging es uns vor allem darum, möglichst viele Menschen außerhalb der Partei bei unseren Ideen und Projekten mitzunehmen“, sagt Michniok. Die Bürger*innen sollten sich für ein Thema engagieren und so ihren Weg zur SPD finden, zum Beispiel für kostenloses Busfahren innerhalb von Aschaffenburg oder gegen E-Scooter in der Stadt. Das zahlte sich aus. Denn gegen den Trend erreichte die SPD bayernweit das zweitbeste Kommunalwahlergebnis und Jürgen Herzing kam als Oberbürgermeister ins Amt. „Der Organizing-Ansatz ist eigentlich nur die Professionalisierung dessen, was wir vorher schon gemacht haben. Denn es ist die DNA der SPD in Aschaffenburg, immer gemeinsam mit den Menschen Politik zu erarbeiten und zu entwickeln“, sagt Michniok.

Lastenrad und Eismaschine

Hilfreich ist der Organizing-Ansatz auch zur Vernetzung innerhalb der Partei. Zum Beispiel für „Aschaffenburg bleibt bunt“, wie Sophie Peter erzählt: „Wir haben uns intensiv mit Kommunikation innerhalb der Partei beschäftigt und festgestellt, dass es cool wäre, zu einzelnen Themen Teams zu gründen, die sich eigenständig vernetzen.“ So gab es schon vor der Veranstaltung ein „Team gegen Rechts“, das dann auf die Schnelle Plakate malte und Aktionen plante wie Dosenwerfen am SPD-Stand auf dem Schlossplatz. Beklebt waren die Dosen mit Symbolen rechtsextremer Gruppierungen.

Auch für die Landtagswahl im Oktober haben die Aschaffenburger Sozialdemokrat*innen schon kreative Ideen gesammelt. In der heißen Wahlkampfphase bietet die SPD Abkühlung mit einer eigenen Eismaschine und rotem Erdbeersofteis. „Wir haben in diesem Jahr gezielt die Erstwählerinnen und Erstwähler mit einer eigenen Postkarte angeschrieben und auf ein Eis eingeladen. Dadurch erhoffen wir uns schon ein bisschen was“, sagt Michniok zuversichtlich. Seine Co-Vorsitzende ergänzt stolz: „Und dann haben wir noch was ganz Tolles dieses Jahr. Wir haben uns endlich ein Lastenrad angeschafft, mit dem wollen wir unseren Wahlkampf mobiler machen.“ Denn das Equipment für einen kompletten Wahlkampfstand passe hinein. So könne der Standort innerhalb eines Tages schnell und flexibel verlagert werden, um insgesamt mehr Menschen zu erreichen. 

„Hier lebt die SPD und gestaltet gemeinsam mit den Leuten“

Und vielleicht erhält die Aschaffenburger SPD dadurch auch noch weiteren Zulauf. Denn Michniok ist überzeugt: „Wir sind eine Mitmachpartei. Du kannst aktiv gemeinsam unsere Stadt verändern. Daraus zehren wir immer wieder Kraft und darauf ist auch unser Erfolg gebaut. Hier lebt die SPD und hier gestaltet die SPD gemeinsam mit den Leuten. Wir nehmen sie mit, entwickeln mit ihnen gemeinsam und diskutieren zum Beispiel unser Programm zur Kommunalwahl in einem großen Beteiligungsprozess. Das kostet viel Arbeit, aber das ist es auch wert.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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