Anke Rehlinger: „Die SPD will eine Regierung anführen.“
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Beim SPD-Parteitag sind Sie mit dem besten Ergebnis aller Stellvertreter*innen gewählt worden. Macht das stolz?
Natürlich habe ich mich über das Ergebnis sehr gefreut, weil es hoffentlich auch Ausdruck der Wertschätzung meiner Arbeit ist. Und natürlich Rückenwind für die Landtagswahl im Saarland am 27. März 2022. Der Parteitag war insgesamt richtig gut. Die SPD hat sich gut für die kommenden zwei Jahre aufgestellt. Die Partei ist mit sich im Reinen. Das hat der Parteitag sehr deutlich gemacht.
Ist es auch eine Bestätigung Ihrer Arbeit als Leiterin der Verhandlungsgruppe „Mobilität“ bei den Koalitionsverhandlungen?
Das hoffe ich. Wir haben aber in allen 22 Gruppen starke Verhandlerinnen und Verhandler gehabt, die zu guten Ergebnissen gekommen sind. In unserer Verhandlungsgruppe haben wir deutlich gemacht, welche Bedeutung das Thema Mobilität für die Zukunft hat – als Daseinsvorsorge, aber auch als Versprechen an die Bürgerinnen und Bürger, ein gutes Verkehrsangebot zu haben, das bezahlbar, barrierefrei und nachhaltig ist. Entscheidend wird aber nicht nur das sein, was wir aufgeschrieben haben, sondern was jetzt daraus gemacht wird.
Wie muss sich Mobilität verändern, wenn das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden soll?
Mit Blick auf die Klimaneutralität ist Mobilität ein ganz wichtiges Thema. Klar ist: Ohne ein attraktives Angebot, das die Menschen einlädt, das Auto stehen zu lassen, wird es nicht gehen. Dafür müssen der Bund, die Länder und die Kommunen eng zusammenarbeiten. Wir brauchen mehr Strecken, mehr Züge und eine bessere Anbindung der Regionen. Die Frage ist aber auch, welche Strukturen dafür benötigt werden. Eine wichtige Rolle spielt der Ausbau der Bahn im integrierten Konzern. Gerade letzteres war während der Koalitionsverhandlungen umstritten. Der zweite Teil ist die Antriebswende. Der Verbrennungsmotor ist kein Zukunftsmodell. Wichtig ist aber, dass der Umstieg auf andere Antriebe keine Strukturbrüche mit sich bringt. Das sind wir den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schuldig. Auch hierfür bildet der Koalitionsvertrag eine gute Grundlage.
Sie sind Verkehrsministerin im Saarland. Was kann der Bund hier vom Saarland lernen?
Um den ÖPNV attraktiver zu machen, haben wir vor kurzem eine Tarifreform gemacht. Seit dem 1. Juli ist Bus- und Bahnfahren im Saarland günstiger und einfacher. Das muss es auch sein, wenn wir Menschen überzeugen wollen, ihr Auto stehen zu lassen. Darüber hinaus haben wir einen Verkehrsentwicklungsplan aufgelegt und bauen den gesamten ÖPNV aus. Die enge Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ebenen ist aus meiner Sicht ein wichtiger Schlüssel, wenn die Mobilitätswende ein Erfolg werden soll. Ohne mehr Geld im System wird sie allerdings auch nicht gelingen.
Und bei den Antrieben?
Im Saarland haben wir das Thema Wasserstoff sehr früh für uns entdeckt. Das hilft uns jetzt. Gleichzeitig hatten wir deutliche Erfolge bei der Ansiedlung von Unternehmen, die Batteriezellen fertigen. Hier zeigen wir als Land, natürlich gemeinsam mit den Unternehmen, dass neue Technologien auch Arbeitsplätze erhalten bzw. neue schaffen können.
Auf dem Parteitag haben Sie als Ziel für 2022 formuliert, vierte Ministerpräsidentin der SPD werden zu wollen. Die jüngste Umfrage sieht die SPD auch deutlich vorn. Worauf wird es im Wahlkampf bis zum 27. März ankommen?
Die SPD hat einen Plan für die Zukunft des Saarlands, etwa um Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Für mehr Investitionen in beste Bildung für alle. Um Wirtschaft und Klimaschutz zusammenzubringen. Und um Pflege und Gesundheit wieder zu einer Kernkompetenz der Landesregierung zu machen. Und wir haben die notwendige Führungsstärke, diesen Plan auch umzusetzen. In den vergangenen Jahren haben wir das mit guter Regierungsarbeit bereits geschafft. Nach dem 27. März wollen wir zeigen, was möglich ist, wenn die SPD die Regierung auch anführt – übrigens nicht nur mit Überzeugung, sondern aus echter Saarlandliebe.
Olaf Scholz hat im Bundestagswahlkampf mit dem Thema „Respekt“ überzeugt. Was bedeutet das bezogen aufs Saarland?
Übersetzt auf das Saarland bedeutet Respekt auf der einen Seite, Arbeitsplätze im Wandel zu erhalten und gleichzeitig neue zu schaffen. Respekt heißt auch, Industriestandorte nicht gegen Klimaschutz auszuspielen. Und Respekt heißt, der jungen Generation die beste Bildung zu geben. Und ganz konkret: Respekt heißt für uns beispielsweise das Fairer-Lohn-Gesetz mit dem ab 2022 Tariflohn zahlen muss, wer im öffentlichen Auftrag arbeitet. Die Bundesregierung hat das jetzt zurecht nach saarländischem Vorbild in den Koalitionsvertrag geschrieben.
Mit welchen Koalitionspartnern ließe sich das am besten umsetzen?
Das lässt sich im Moment schwer beantworten. Den Grünen im Saarland ist es nicht gelungen, zur Bundestagswahl rechtskonform eine Landesliste aufzustellen. Bei der Linkspartei gibt es zwei Flügel und zwei Fraktionen im Landtag. Die FDP ist vergleichsweise stabil. Wie eine CDU sich verhält, wenn sie hinten liegt, kann niemand genau sagen. Das nur mal als Schlaglichter, warum es schwierig ist. Als SPD wollen wir stärkste Kraft werden und eine Regierung anführen und das entspricht auch dem Wunsch der Saarländerinnen und Saarländer.
Corona dürfte den Wahlkampf schwierig machen. Wie gehen Sie damit um?
Im Saarland ist man schneller miteinander im Gespräch. Ich bin schon seit über einem Jahr zum Beispiel direkt per Whatsapp oder SMS erreichbar, digitale Möglichkeiten sind natürlich in unseren Zeiten eine Option. Eins-zu-eins-Formate werden eher unser Ansatz sein als Großveranstaltungen. Wir planen aber auch eine Aktion, bei der ich Menschen persönlich nach Hause fahre und dabei mit ihnen über ihre Wünsche und Erwartungen an die Politik spreche. Und unser Bundeskanzler Olaf Scholz wird uns natürlich im Landtagswahlkampf unterstützen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.