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Ana-Maria Trasnea: Vom Aufstieg einer jungen Migrantin

Vor 13 Jahren kam Ana-Maria Trasnea aus Rumänien nach Berlin und sprach kaum Deutsch. Heute ist sie im Bezirk Treptow-Köpenick eine engagierte SPD-Kommunalpolitikerin. Dafür wird sie in diesem Jahr mit dem Helene-Weber-Preis ausgezeichnet.
von Jonas Jordan · 4. September 2020
Ana-Maria Trasnea ist SPD-Kommunalpolitikerin im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick.
Ana-Maria Trasnea ist SPD-Kommunalpolitikerin im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick.

„Ich dachte: Wow, wow, wow! Ich habe mich einfach riesig gefreut“, sagt Ana-Maria Trasnea über den Moment, als sie erfährt, dass sie in diesem Jahr zu den 15 Preisträgerinnen des Helene-Weber-Preises gehört. Seit vier Jahren vertritt sie die SPD als Kommunalpolitikerin in der Bezirksverordnetenversammlung des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick.

Trasnea erkämpft sich ihren Weg

Ihr Weg dorthin ist nicht immer einfach. 2007 kommt sie nach der Scheidung ihrer Eltern aus Rumänien nach Deutschland. Sie spricht kaum Deutsch, ist in der Schule meist Einzelgängerin. „Während die anderen fleißig ihre Hausaufgaben gemacht oder Tests geschrieben haben, stand ich immer noch mit meinem kleinen Wörterbuch da und habe einzelne Sachen nachgeschaut“, erzählt sie.

Sie erfährt Ausgrenzung und Mobbing. Doch Trasnea kämpft sich durch, findet ihre Erfüllung in gesellschaftspolitischem Engagement. Sie ist stellvertretende Schulsprecherin, stellt Aktionen gegen Rassismus auf die Beine und organisiert Jugendaustauschprogramme. Für ihr Engagement erhält sie 2012 den Mädchenpreis des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick. Ein Jahr später macht sie mit einem Einser-Schnitt Abitur, tritt etwa zeitgleich in die SPD ein und erhält kurz nach Beginn ihres Studiums ein Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Als jüngste Abgeordnete zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden

Seit 2014 ist Trasnea bei den Jusos in Treptow-Köpenick aktiv. Zwei Jahre später kandidiert sie bei der Kommunalwahl zum ersten Mal für die Bezirksverordnetenversammlung. Mit 22 Jahren wird sie auf Platz 10 der SPD-Liste Spitzenkandidatin der Juso-Wahlkampagne. „Das war ein überraschend guter Listenplatz“, sagt sie rückblickend.

Als jüngste Abgeordnete im Parlament wird sie dennoch schnell zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Sie setzt sich dafür ein, dass im Alten Rathaus in Friedrichshagen das erste Frauenzentrum in Treptow-Köpenick entsteht. „Das ist ein Projekt, das mir sehr am Herzen lag. Ich hätte es vorher nicht für möglich gehalten, dieses Ziel so schnell erreichen zu können, aber auch das ist Kommunalpolitik“, sagt sie.

Ansporn und Wertschätzung

Der Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu schlägt sie letztlich für den Helene-Weber-Preis vor. Auch Bezirksbürgermeister Oliver Igel und der Fraktionsvorsitzende Alexander Freier-Winterwerb hatten sich für Trasnea ausgesprochen. Der Preis ist für sie etwas Besonderes: „Es fühlt sich an wie ein Aufzug, der mich nach oben bringt und mir die Augen öffnet, dass meine Arbeit auch wahrgenommen wird.“

Sie sieht den Preis als Ansporn und Wertschätzung zugleich, als junge Frau mit Migrationshintergrund politisch aktiv zu sein. „Frauen müssen überall dort vertreten sein, wo Entscheidungen getroffen werden. In der Kommunalpolitik entscheiden wir direkt über das Zusammenleben der Menschen vor Ort“, findet Trasnea. Das betreffe beispielsweise den Ausbau von Schulen, aber auch die Stadtentwicklung, bei der Wert auf die Bedürfnisse von Frauen gelegt werden sollte: „Es ist in unserem eigenen Interesse, dass wir uns einmischen und versuchen, die Dinge mitzugestalten.“

Nächstes Ziel: Bundestag

Allerdings weist sie auch auf die Probleme hin, die ein kommunalpolitisches Ehrenamt mit sich bringt. Der zeitliche Aufwand ist mit 15-20 Stunden pro Woche enorm hoch. Daher will sie sich auch dafür einsetzen, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu verbessern: „Vielleicht müssen die Sitzungen auch nicht immer bis 22 Uhr abends gehen.“

Innerhalb des Netzwerkes des Helene-Weber-Preises erhofft sie sich einen Austauch darüber, „wie wir uns in der Gleichstellungsarbeit vernetzen können“, insbesondere auch um mehrheitsfähige Entscheidungen zu erreichen. Trasnea möchte Vorbild sein, vor allem für Frauen mit Migrationshintergrund: „Ich hoffe, dass ich auch etwas zurückgeben und das Netzwerk nutzen kann, um andere politisch Interessierte für Kommunalpolitik zu begeistern und ihnen zu zeigen, dass es sich lohnt mitzumachen, auch wenn man eine junge Frau und Migrantin ist.“

Ihren eigenen kommunalpolitischen Weg will sie im kommenden Jahr fortsetzen. Dann kandidiert sie erneut für einen Sitz in der Bezirksverordnetenversammlung von Treptow-Köpenick. „Kommunalpolitik empfinde ich als total bereichernd und möchte das gerne fortführen, sehe bei mir aber auch noch Entwicklungspotenzial. Ich habe einfach Lust politisch mitzugestalten.“ Darüber hinaus bewirbt sich Trasnea innerparteilich um die Direktkandidatur für den Bundestagswahlkreis Treptow-Köpenick zur Wahl im kommenden Jahr. Die Entscheidung darüber wird in der kommenden Woche fallen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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