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Adegbayi Balogun: Wie ihn ein rassistischer Angriff in die SPD brachte

Er wurde bespuckt und beschimpft. Von dem rassistischen Übergriff machte Adegbayi Balogun ein Video und postete es auf Twitter. Die Resonanz war gewaltig. Nun ist Balogun in die SPD eingetreten, um aktiv gegen Rassismus zu kämpfen.
von Jonas Jordan · 2. März 2022
Adegbayi Balogun im Gespräch mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Derya Türk-Nachbaur und Generalsekretär Kevin Kühnert.
Adegbayi Balogun im Gespräch mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Derya Türk-Nachbaur und Generalsekretär Kevin Kühnert.

Berlin, Stadtbezirk Lichtenberg im November 2021: Adegbayi Balogun ist mit seiner ein Jahr alten Tochter unterwegs, als er mal wieder rassistisch angefeindet wird. Vor dem Rathaus beleidigt ihn eine Frau, spuckt in seine Richtung. Balogun dokumentiert den Vorfall mit seinem Handy. Später postet er das Video auf Twitter und fragt die Polizei, ob er den Vorfall anzeigen könne. Das Video wurde fast 5.000 Mal geteilt „Ich bin sehr froh, dass viele Leute das gesehen haben“, sagt Balogun im Gespräch mit dem „vorwärts“.

Türk-Nachbaur und Kühnert übergeben Parteibuch

Nach dem Vorfall bekommt er zahlreiche Nachrichten, viele davon von Menschen aus der SPD. Eine davon ist die Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur aus Baden-Württemberg. „Ich habe ihr geschrieben, dass ich gerne Politik machen und unterstützen würde, wo ich kann. Sie hat mir ihre eigenen Diskriminierungserfahrungen geschildert und ich fühlte mich davon sehr angesprochen“, berichtet Balogun. Vor mehr als sieben Jahren kam er aus Nigeria nach Deutschland, um sein Master-Studium zu absolvieren. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen Kindern in Berlin, arbeitet in der Finanzbranche.

Im Anschluss reift bei ihm der Entschluss, in die Partei einzutreten: „Ich habe immer gedacht: Wenn ich irgendwann mal Politik mache, würde ich das definitiv in der SPD tun.“ Vor kurzem erhiellt er sein Parteibuch. Türk-Nachbaur und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert überreichen es ihm persönlich im Willy-Brandt-Haus. „Rassisten wollen einen Teil der Gesellschaft unsicht- und unhörbar machen. Ich bewundere die Stärke derer, die sich dem widersetzen und den erlebten Hass in Engagement verwandeln. So wie Adegbayi Balogun es jetzt tut. Seit gestern bei uns in der SPD. Von Herzen: willkommen!“, schreibt Kühnert zum Beitritt seines Berliner Genossen auf Twitter.

„Es ist toll, von einer der wichtigsten Personen in der Partei empfangen zu werden. Das habe ich als große Ehre gefunden“, sagt Balogun. Wie es mit seinem Engagement innerhalb der Partei nun weitergehe, wisse er noch nicht genau. Er sagt aber: „Ich bin offen für alle Ideen, wo ich in der SPD gebraucht werden könnte. Ich bin bereit, mich einzubringen, damit die SPD weiterhin Erfolg hat.“ Wichtig sei ihm vor allem der Kampf gegen Rassismus. „In Berlin erlebt man nicht jeden Tag Rassismus, aber es gibt immer noch Leute, die meinen, ich würde ihnen die Arbeit oder die Wohnung wegnehmen. 90 Prozent interessieren sich nicht dafür, welche Hautfarbe du hast, aber die anderen zehn Prozent sind immer laut.“

Vorfälle wie den Ende November vor dem Rathaus habe er schon häufiger erlebt. „Bislang habe ich das als normal angesehen, als Schwarzer in Deutschland rassistische Attacken zu erleben, aber dieses Mal war meine Tochter mit dabei. Das hat mir extra weh getan. Ich kann mit Rassismus umgehen, aber ein einjähriges Kind dabei zu haben und Spucke ins Gesicht zu bekommen, trifft einen noch mal mehr.“ Deswegen habe er sich dazu entschlossen, davon zu erzählen, was Schwarze in Deutschland tagtäglich erleben.

Warum Balogun Ostdeutschland meidet

In bestimmte Regionen Deutschlands fahre er deshalb nicht, erzählt Adegbayi Balogun: „Grundsätzlich vermeide ich komplett Ostdeutschland. Ich bin schon mehrfach eingeladen worden. Da habe ich immer grundsätzlich abgesagt, egal, wie interessant die Veranstaltung auch ist.“ Als Präsident der nigerianischen Studentenvereinigung sei er Ansprechpartner für nigerianische Studenten in Deutschland gewesen. Da habe es immer wieder Berichte über Probleme und Anfeindungen gegeben, jedes Mal aus Ostdeutschland

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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